© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    19/00 05. Mai 2000


Das Problem heißt Landreform
Simbabwe: Die Besetzungen "weißer" Farmen zum Machterhalt Mugabes beunruhigen ganz Südafrika
Frank de Beer

Im Jahre 1980, als Robert Mugabe die Macht vom weißen Gouverneur Ian Smith übernahm, betrug das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen 950 US-Dollar, und ein Simbabwe-Dollar war mehr wert als der große Bruder aus Amerika. Heute ist der durchschnittliche Simbabwer um ein Drittel ärmer und braucht 38 Simbabwe-Dollar, um einen Green back zu kaufen. Benzin ist Luxusgut, Elektrizität reine Glückssache. Die Inflation erreichte im Oktober des vergangenen Jahres mit 70 Prozent einen vorläufigen Höhepunkt, im Jahresdurchschnitt wird mit 50 Prozent gerechnet. 1998 sendete Mugabe Soldaten in die Demokratische Republik Kongo, um die dortige Regierung gegen Rebellen zu verteidigen: Die Kosten des Abenteuers werden auf 500 Millionen US-Dollar geschätzt – ein Drittel des gesamten Staatshaushalts.

Aufgrund ihrer kleinen Zahl, ihres Wohlstands und ihrer anderen Hautfarbe eignen sich die weißen Farmer gut als Sündenböcke. Weiße Farmer besitzen 70 Prozent des Landes, die restliche Landbevölkerung ist zusammengepfercht auf winzigen Grundstücken oder kommunalem Boden, und nicht einmal der Farmerverband Simbabwes (CFU) bestreitet die Notwendigkeit einer Landreform. Die aber scheiterte bislang weder an zu hohen Landpreisen noch an der Weigerung der Farmer zu verkaufen, sondern einzig und allein an der Inkompetenz der Regierung Mugabe, an Korruption und Vetternwirtschaft. Die frühere Kolonialmacht Großbritannien, von Mugabe immer wieder gerne ins Spiel gebracht, hat nach der Unabhängigkeit 44 Millionen Pfund zur Finanzierung einer Landreform überwiesen – von 2.000 Farmen, die die Regierung daraufhin erwarb, gingen 420 an Parteibonzen und persönliche Freunde Mugabes, der Rest liegt brach. In Simbabwe beschäftigen derzeit rund 4.000 Farmer 350.000 Arbeitskräfte, die wiederum 1,6 Millionen Familienmitglieder ernähren. Doch immer mehr entscheiden sich zur Zeit, ihrem Heimatland endgültig den Rücken zu kehren und nach Mosambik oder Sambia zu gehen, um dort neue Farmen aufzubauen. Denn, im Gegensatz zu Mugabes Spielplatz, werden sie dort mit offenen Armen empfangen.

Im benachbarten Südafrika hat man bisher versucht, vernünftig an das Thema Landreform heranzugehen. Umverteilung durch Wiedergutmachung, so der Ansatz: Wem Land in der Apartheid weggenommen wurde, der soll entweder Rückgabe, eine Entschädigung oder ein alternatives Grundstück bekommen. Alle Klagen beziehen sich auf den südafrikanischen Staat und nicht gegen die augenblicklichen Eigentümer.

Doch das Programm läuft bisher nur äußerst schleppend. Die im Gesetz von 1994 vorgesehene Frist für Anträge auf Wiedergutmachung verstrich Ende 1998, insgesamt sollen 63.455 Anträge eingegangen, bisher aber nur 4.925 bearbeitet worden sein. Grund genug zum Beispiel für das Wiedergutmachungsforum Südliches Kap und Karoo, Druck auszuüben und in einem Brief an die Regierung Präsident Thabo Mbeki ausdrücklich zu warnen: "Bestimmte Gruppen in unserer Region planen Protestaktionen, wir wollen unter allen Umständen eine Situation wie in Simbabwe vermeiden, aber dies scheint unsere einzige Möglichkeit zu sein."

"Allein hier in der Gegend gibt es 50 bis 200 Farmer, wenn wir zusammenhalten und unsere Arbeiter weiterhin gut behandeln, kann uns nichts passieren", glaubt Peter Theron, der in der Nähe von Pretoria 260 Hektar Land bewirtschaftet. "Zusammen mit unseren Arbeitern wären wir zwischen 500.000 und 1 Million, um unsere Farmen verteidigen." Eine schwarze Landübernahme sieht er gelassen: "Solange alles legal abläuft und sie mir beweisen, daß sie es nutzen können".


 
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