© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    19/00 05. Mai 2000

 
"Vielfalt und nationale Identität bewahren"
Ein Gespräch mit Jörg Haider über die FPÖ nach seinem Rückzug vom Parteivorsitz
Andreas Mölzer

Herr Haider, Sie waren bald eineinhalb Jahrzehnte lang Chef der FPÖ, einer Partei, die sich in dieser Zeit grundlegend, sowohl quantitativ als auch qualitativ, geändert hat. Wie sieht diese Veränderung aus Ihrer Sicht aus?

Haider: Die Phase meiner Tätigkeit als Parteiobmann zeichnet sich dadurch aus, daß es uns gelungen ist, das politische System in Österreich nachhaltig zu verändern, bzw. die Voraussetzungen für einen Übergang zu einer normalen Demokratie zu schaffen. Das war auch das große Ziel, die Freiheitlichen zu einem gleichberechtigten Partner in dieser einstmaligen Zwei-Parteien-Demokratie zu machen, in der letztlich zwei politische Kräfte sich den Staat aufgeteilt haben, in der Korruption, Parteibuchwirtschaft und Proporz geherrscht haben. Das ist reichlich gelungen: Mit dem Eintritt der Freiheitlichen in eine Koalitionsregierung haben wir jetzt ein interessantes neues Experiment begonnen, nämlich gemeinsam mit einer Proporzpartei den Versuch zu machen, diesen Proporzstaat dauerhaft zu reparieren und zu einer normalen Demokratie zu machen.

Wie sah die Republik aus, als Sie vor 15 Jahren – nach einer langen Karriere als Jugendpolitiker, als Landespolitiker und als Nationalratsabgeordneter –, freiheitlicher Parteiobmann wurden?

Haider: Die Republik war damals fest in den Händen von Rot und Schwarz, und es hat sich niemand vorstellen können, daß es in diesem Land einmal drei gleichwertige politische Kräfte gibt. Es ist genau das passiert, was Bruno Kreisky in einem letzten Gespräch, das er mit mir und mit Botschafter Kreibler kurz vor seinem Tod geführt hat, die Vision entwickelt hat, daß es im wesentlichen drei gleich starke Lager geben wird, wozu die FPÖ gehört. Er meinte, daß die Sozialdemokratie weiterhin die Nase vorn hat, aber wir Freiheitlichen sollten uns bemühen, Gesprächsgrundlagen zu allen anderen Parteien zu haben, denn das sei die Voraussetzung, wie eine Demokratie in Österreich funktionieren kann. Wir haben das getan. Die SPÖ ist einen anderen Weg gegangen und hat ihre Ausgrenzungspolitik mit all den Folgen für Österreich weiter geführt.

Wie hat die FPÖ damals ausgesehen, für die Sie als Obmann gewissermaßen ins kalte Wasser gesprungen sind?

Haider: Die FPÖ war im wesentlichen eine Honoratiorenpartei mit jeglichen beleidigten Ministern, die nach meinem Amtsantritt zur Kenntnis nehmen mußten, daß die Koalition mit den Sozialisten nicht mehr fortgeführt wird, daß es Neuwahlen gibt. Das war eine sehr schwierige Situation, vor allem für den damaligen Generalsekretär Gugerbauer und für mich, die wir in der Partei, in den Parteiführungsorganen eigentlich keine Mehrheit für unsere Politik hatten. Aber das Volk und die Funktionäre in den Ortsverbänden standen fest hinter uns, und das war auch die Chance, die wir wahrgenommen haben, um dann erfolgreich die Nationalratswahlen zu schlagen.

Nun ist es ja in diesen 15 Jahren so gewesen, daß die FPÖ eigentlich eine Kette von Wahlsiegen mit ganz geringen Stagnationen zwischendurch durchlief: Von einer Regierungsbeteiligung mit damals wahrscheinlich nur mehr drei Prozent in den Umfragen, heute zu einer Regierungsbeteiligung mit tendenziell an die 30 Prozent. Ist die FPÖ tatsächlich zehnmal so stark, wie sie es einmal war?

Haider: Es haben sich die politischen Wählerstrukturen grundlegend verändert. Es gibt also keine Stammwählerpotentiale im eigentlichen Sinne mehr, sondern es gibt immer mehr wanderungswillige Bürger. Und man sieht das auch an den Reaktionen, wie viele Menschen mir etwa jetzt im Zusammenhang mit der EU-Diskussion und mit meiner Forderung, energisch gegen die EU vorzugehen, schreiben, die nicht meinem politischen Lager angehören, die sich aber jetzt solidarisieren und sagen, sie wollen uns auch in Zukunft unterstützen, weil das für sie eine wichtige Frage ist. Das heißt, es ist ein enormes Wechselwählerpotential vorhanden. Das haben wir für uns genutzt, das ist aber gleichzeitig das permanente Risiko der FPÖ gewesen, daß sie sich bei jeder Wahl ihr Wählerpotential aufs Neue erobern muß.

Heißt das, daß man als Alternative zu den schwindenden alten Partei- und Ideologiekirchen sozusagen immer wieder punktuell neue Bündnisse mit unterschiedlichen Gruppierungen eingehen muß?

Haider: Ich bin vor einigen Jahren belächelt worden, als ich gesagt habe, für mich ist Politik nicht die ideologische Umsetzung von irgendwelchen Glaubenssätzen, sondern die aktuelle Antwort auf Herausforderungen. Und wer diese Antworten findet, auf der Grundlage eines vorgegebenen Wertgerüstes, der wird erfolgreich Politik machen. Und daher glaube ich also auch, daß die Parteien, die Antworten auf Zukunftsfragen geben können, erfolgreich sein werden. Wir sind es, wir haben das Gefühlsleben der Menschen auch immer wieder mit Themen, die für sie wichtig sind, erfaßt. Denken Sie also nur an die Diskussion um die Zuwanderung, die wir als erste begonnen haben. Denken Sie an die Frage der Familienpolitik, wo wir erfreulicherweise auch vieles Neues bis hin zur ersten Realisierung des Kinderschecks durchführen konnten. Das alles sind Signale, daß wir in einem guten Verhältnis mit dem Bürger leben. Und wenn uns das abhanden kommt, dann wird es uns so gehen wie den Altparteien.

Ist es aber nicht doch so, wie die Gegner und Kritiker der FPÖ und ihrer Politik sagen, daß die Antworten gegeben werden, die im konkreten politischen, die auch im weitesten Sinne weltanschaulich irgendwo einzuordnen sind. Man spricht ja von einer rechtspopulitischen Partei und ähnlichem.

Haider: Das ist durchaus im traditionellen ideologischen Schema gesehen richtig. Wenn man so will, dann sind wir, wenn man die traditionellen Schemata anwendet, natürlich eine Rechtspartei. Das ist auch nichts Schlechtes, denn schon vom Sprachgebrauch her ist es besser, etwas Rechtes, als etwas Linkes zu tun. Und daher glaube ich, ist mit unserem Erfolg in Österreich und auch mit unserem Einziehen in die Bundesregierung gegen den Widerstand des linken Europas eigentlich ein Dammbruch passiert. Es wird dies insgesamt eine neue Chance für die Kooperation der Rechten und Mitte-Rechts-Kräfte in Europa ergeben.

Da sind wir bei der europäischen Situation, die für Österreich unerfreulich ist. Wie sehen denn – jenseits der veröffentlichten Meinung – die Reaktionen aus, die aus Europa kommen, von Parteien, von Menschen, von anderen Gruppierungen? Ist Europa wirklich so gegen Österreich, gegen die FPÖ und gegen Jörg Haider, wie man uns glauben machen will?

Haider: Absolut nicht. Meine Reaktionen zeigen etwas ganz anderes. Die europäischen Völker verstehen ihre Politiker nicht mehr, insbesondere in der Causa Österreich. Es gibt einige aufgehetzte linke Kohorten, die die veröffentlichte Meinung dominieren und sie in Geiselhaft genommen haben. Aber die öffentliche Meinung ist sicherlich auf unserer Seite. Das zeigen ja auch die zahlreichen Briefe, Emails und öffentlichen Erklärungen von Menschen, die mit uns überhaupt nichts zu tun haben. Diese sind einfach empört, wie man mit einem kleinen Land verfährt. Daher ist das auch eine weitere Motivation für all jene Kräfte, die gesagt haben, wir wollen eigentlich dieses zentralistische Maastricht-Europa nicht, sondern wir wollen ein Europa der Vaterländer, in dem unsere Identitäten, in dem unsere Kultur auch wirklich gesichert ist, in dem wir weiterhin Demokratie üben dürfen und uns nicht unter dem politischen Kuratel Brüssels bewegen müssen.

Nehmen wir mal das Beispiel Italiens, das sehr ambivalent reagiert hat. Die Nachbarregionen sind überaus freundschaftlich, die konservativen Parteien haben sich ablehnend zu den Sanktionen geäußert. Nun, da ein rechter Sieg bei Regionalwahlen stattfand, schwenkt Berlusconi auf eine Österreich-kritische Haltung ein, um sich offenbar dem Druck nicht stellen zu müssen, den Italien sonst von der EU bekäme. Wie sehen Sie diese Ambivalenz?

Haider: Berlusconi darf nicht für die Gesamtbewegung gesehen werden. Er war in Wirklichkeit immer ein Mann des Establishments, der sich angepaßt hat, der aber, weil ihn die Linke nicht genommen hat, gerne aus der Rechten Stimmen kassiert. Er hat ja auch den für viele seiner Freunde unverständlichen Schritt vollzogen, mit der Forza in der Europäischen Volkspartei Mitglied zu werden. Das versteht in Italien niemand. Aber er ist hier eine Ausnahme von der Regel. Die Mitte-Rechts-Kräfte in Italien sind samt und sonders in einer starken Solidarität nicht nur mit Österreich, sondern auch mit uns Freiheitlichen. Daher ist auch dieser Wahlsieg vor allem in den nördlichen Teilen Italiens ganz wichtig. Und es sind die wirtschaftlich Starken, das sind die eigentlichen dynamischen Regionen Europas. Und dort regiert eindeutig jener Kurs, für den auch wir Freiheitlichen stehen. Es gibt zahllose Sympathiekundgebungen von den drei politischen Gruppen, Forza, Lega und Alleanza, in unsere Richtung. Ich hatte Gelegenheit, vor kurzem in Italien zu sein. Ich muß sagen, es ist wirklich so, wenn man durch die Orte geht, wie wenn man in Klagenfurt nach einem großen Wahlsieg am nächsten Tag durch die Stadt marschiert und jeder gratuliert. Die Italiener sind restlos begeistert.

Sie haben gesagt, daß es die Chance gäbe zu einer neuen Solidarität der Mitte-Rechts-Bewegungen in Europa. Nun war es ja so, daß viele dieser Bewegungen ausgegrenzt oder stigmatisiert wurden von den linken Mainstream-Medien. Und daß auch diese Mitte-Rechts-Bewegungen einander selbst gegenseitig ausgrenzten aus Berührungsängsten. Läßt sich das überwinden, und wo sind da die Grenzen, die man doch zu ziehen hat?

Haider: Ich halte das wirklich für einen Fehler, der passiert ist, daß sich aufgrund des linken Drucks die Rechtsbewegungen voneinander immer sehr stark distanziert haben. Ich glaube, man sollte eher versuchen, die Gemeinsamkeiten festzustellen, um einmal eine klare Antwort auf die linke Zerstörung in Europa zu geben. Denn es ist eine zerstörerische Politik, die in Wirklichkeit eine McDonalds-Gesellschaft aus uns machen will, in der die Globalisierung existiert, und in der dieses kulturell so vielfältige Europa nicht mehr zur Wirklichkeit gehört.

Heißt das also, daß identitäre europäische Bewegungen in diesem Kreis einer neuen Mitte-Rechts-Solidarität Mitglied sein könnten?

Haider: Es sind einerseits Gruppierungen, die den Gedanken der Marktwirtschaft als Grundlage ihrer ökonomischen Aktivitäten vertreten, ohne sich aber eine Marktgesellschaft zu wünschen, weil sie wissen, daß die Marktwirtschaft die ökonomische Grundlage sein kann, um auch in Kleinstaaten und kleineren Einheiten, in Regionen, eine gewisse Souveränität und Autonomie zu beobachten, was gleichzeitig die Vielfalt Europas, mit seinen vielfältigen Kulturen, mit seinen vielfältigen Identitäten, mit seinen vielen Sprachen auf Dauer sichert.

In der Europäischen Volkspartei verteidigt ein großer Teil der Mitgliedsbewegungen Österreich und die ÖVP, die mit in der Regierung ist, aber es scheint so etwas wie eine Pflichtübung geworden zu sein, daß man sich dann, zumindest gegenüber der FPÖ und gegenüber ihrem scheidenden Obmann negativ äußert. Das geht von CSU-Stoiber bis zu anderen Bewegungen. Wie sehen Sie die Gefahr, daß da auch Freunde Österreichs diese Pflichtübungen absolvieren?

Haider: Das ist ja nichts Neues, denn eine gehörige Portion Zivilcourage gehört dazu, auch zu seinem Standpunkt zu stehen. Und wer jetzt etwa Stoiber kennt, weiß, daß er nie zu den Mutigen der CSU gehört hat, sondern durch Anpassung an der Seite Strauß‘ groß geworden ist und durch Taktik seine politischen Mitbewerber überlebt hat. Aber nicht durch besonderen Mut und nicht durch besondere Zivilcourage. Das zeigt er auch jetzt, indem er glaubt, er muß sich immer wieder von mir und den Freiheitlichen distanzieren, damit er ein guter Europäer bleibt. Und das unterscheidet mich auch von ihm. Ich möchte primär ein guter Österreicher sein, was zwar kein Widerspruch dazu ist, ein Europäer zu sein, aber ohne ein guter Österreicher zu sein, kann man kein wirkliches demokratisches Europabild haben. Und daher lebe ich also mit dieser Situation. Es ist so ein bißchen das Sündenbock-Syndrom, das gegeben ist. Den Sündenbock hat man ja auch geschaffen, um seine eigenen Verfehlungen loszuwerden.

Was ist in dieser FPÖ nach 15 Jahren von den Inhalten geblieben? Sie war ja früher eine nationalliberale Honoratiorenpartei, jetzt ist sie eigentlich eine Mitte-Rechts-Volkspartei. Was ist aus Ihrer Sicht aus den zentralen ideologischen oder weltanschaulichen Prinzipien geworden, was ist an Inhalten geblieben, was ist verschwunden?

Haider: Ich glaube, daß erstmals ein wirklicher Bedarf in der Frage nationaler kultureller Identität gegeben ist. Das, was früher sozusagen als historisches Versatzstück im Parteiprogramm festgeschrieben war, hat jetzt auch unter dem Eindruck der Diskussion in Europa eine neue Qualität bekommen. Ein Europa der Vielfalt heißt auch, daß man seine nationale sprachliche und kulturelle Identität bewahren muß.

Was bedeutet das in bezug auf die traditionelle deutsche Volks- und Kulturgemeinschaft und das heutige Österreich-Bewußtsein?

Haider: Es ist so, daß es hier einfach staatsgrenzenüberschreitende Kooperationen gibt. Dort wo geschichtliche und kulturelle Gemeinsamkeiten vorhanden sind, dort werden sich auch in einem grenzenlosen Europa neue Formen der Zusammenarbeit und des partnerschaftlichen Miteinanders ergeben. Als Beispiel sehe ich die Idee einer Europaregion Tirol, die staatsgrenzenüberschreitend ist, denke aber auch an eine Kooperation im Raum Kärnten, mit Friaul-Veneto, einem Partner, der lange innerhalb der österreich-ungarischen Monarchie ein begeisterter Österreicher gewesen ist, und daher jetzt auch noch starke Bindungen, aber auch kulturelle Übereinstimmungen mit uns hat.

Das bedeutet kulturelle Gemeinsamkeit sowohl was den historischen Sprachraum, das Kulturnationale betrifft, als auch das, was regionale Zusammenarbeit, über nationale und sprachliche Grenzen hinweg in der alten Monarchie bedeutet hat?

Haider: Absolut, und das ist eigentlich das Interessante an Europa. Das ist genau das Gegenteil von dem, was die derzeitigen Linkskräfte in Europa haben wollen. Die wollen also ein domestiziertes europäisches Einheitsvolk haben, das es in dieser Form nicht gibt und das unter den Prinzipien der Globalisierung und des Wettbewerbs gesichtslos, kulturlos Anpassungspolitik betreibt. Ich glaube, daß das nicht gutgehen kann. Und demgegenüber sind entsprechende gesellschaftspolitische Antworten zu finden. Darüber hinaus glaube ich, daß von dem, was am Beginn meiner Tätigkeit vor 15 Jahren die FPÖ bestimmt hat, auch ein wesentliches Prinzip noch mitgerettet worden ist, das ist die Frage des Kampfes für Demokratie und den Rechtsstaat. Denn wir haben aus Österreich mit unserem Erfolg eine funktionierende Demokratie gemacht, das heißt, daß wir überhaupt die Chance zu einem Wechsel eröffnet haben. Und ohne Wechsel und Veränderung kann es keine Demokratie geben, denn dann ist das sozusagen ein autoritäres Bestätigungssystem aber nicht mehr.

Was ist aus dem alten Freisinn, aus dem Freidenkertum dieses Dritten Lagers, in diesen letzten 15 Jahren der FPÖ geworden?

Haider: Ich glaube, daß die Freisinnigkeit in der FPÖ zwar oft deklariert war und vor allem in Vorfeldbereichen beheimatet ist, daß sie aber vor meiner Zeit nie wirklich Bestandteil der freiheitlichen Politik gewesen ist. Dort wo heute der freisinnige Geist zu Hause ist, das sind einige Bereiche unserer Vorfeldorganisationen, die ja wieder hereinwirken durch Führungskräfte, die in der FPÖ tätig sind, und die verbinden sich meines Erachtens in einer sehr interessanten Weise mit einem neuen Wählerpotential, das wir haben. Das ist sozusagen auch der "kleine Mann", der ja letztlich von der weltanschaulichen Position her für das freiheitliche Lager eine wirkliche Herausforderung ist. Man kann ja in Österreich sehen, daß es einen unwahrscheinlichen Austausch zwischen Sozialdemokratie und Freiheitlichen gibt, denn wir haben vielfach identische Wählerpotentiale, weil eben der Sozialdemokrat im klassischen Sinne ja nie links gewesen ist und daher mit vielen Positionen, für die wir eintreten, übereinstimmt, aber auch viele Positionen, von der Befreiung der Gesellschaft und von den gesellschaftlichen Idealen, von Rechtsstaat, Bildungsgesellschaft und so weiter gleichermaßen fasziniert ist wie der Freisinnige, der sich von klerikalen vorgegebenen Strukturen immer wieder befreien muß.

Das heißt also alte herkömmliche freiheitliche Politik in Verbindung mit emanzipatorischer Politik, die auch im wesentlichen Sozialpolitik ist?

Haider: Wir haben unser Lager vergrößert, auch ohne unsere Positionen aufzugeben. Aber diese Positionen, die einstmals etwas antiquiert erschienen, sind heute aktueller denn je. Und es ist eher unsere Aufgabe, sie in der praktischen täglichen Politik wirksam werden zu lassen.

Welche Rolle werden Sie nach Ihrem Abtritt als Parteiobmann in der FPÖ spielen?

Haider: Ich werde mich bemühen, in Kärnten eine Politik zu machen, wo man im Kleinen sieht, daß es möglich ist, Veränderungen auch über das hinaus zustande zu bringen, was wir bisher in Österreich geschafft haben. Das heißt, es geht auch hier um entsprechende sozialpolitische Antworten in einer doch etwas kälter gewordenen Gesellschaft, in der das Phänomen der Armut wieder gesehen werden muß, in der vor allem aber auch die Frage der Familienpolitik einen neuen Stellenwert haben muß. Dafür stehen wir. Ich glaube, daß wir mit der Initiative "Kinderscheck" eine ganz wichtige gesellschaftliche Diskussion begonnen haben, die nicht mehr zur Ruhe kommen wird. Und auf diesen Bereich möchte ich zumindest, soweit es mir möglich ist, besonderen Nachdruck legen, weil ich glaube, daß es auch eine Freiheitsentscheidung der Gesellschaft ist, wie sie mit den Familien umgeht.

 

Andreas Mölzer ist Chefredakteur der österreichischen Wochenzeitung Zur Zeit.

 

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