© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    20/00 12. Mai 2000

 
Euro-Note verärgert Schröder
Der Publizist Joachim Siegerist foppt den Kanzler mit einer alten Idee von Franz Josef Strauß
Dierk Kähler

Der aufmerksame deutsche Tourist, der sich über die Osterfeiertage einen Kurzurlaub in der Stadt Lugano am Luganer See im Tessin gönnte, mag sich zuerst mit Verwunderung die Augen gerieben haben. In dem Schaufenster einer bekannten Kunsthandlung konnte der Osterspaziergänger eine Banknote bestaunen, die mit dem Konterfei des deutschen Bundeskanzlers Gerhard Schröder verziert war. Bei näherer Betrachtung jedoch entpuppte sich die Banknote nicht als neues Zahlungsmittel der Deutschen Bundesbank, sondern als ein Faksimile einer alten Reichsbanknote aus der Zeit der Weimarer Republik. Unter dem Porträt des Kanzlers konnte man in deutscher Sprache lesen: "Heut’ kaufst Du noch für 100 D-Mark ein – bald werden’s 100.000 Euro sein."

Es ist gut möglich, daß sich einige deutsche Urlauber über diesen in ihren Augen abgeschmackten Scherz geärgert haben. Doch mit Blick auf den fallenden Euro-Kurs – am Ostermontag war der "Euro" 0,935 Dollar wert, aktuell steht er bei 0,897 Dollar – dürfte nun auch den euphorischsten Gesundbetern der europäischen Kunstwährung das Lächeln so langsam einfrieren. Auch manch deutscher Lugano-Tourist dürfte sich gefragt haben, ob diese Reichsbanknotenprovokation nicht doch auf etwas mehr hindeutet als nur auf eine billige Stimmungsmache unverbesserlicher Euro-Gegner.

Verantwortlich für dieses Geldscheinimitat zeichnet eine Initiative der "Deutschen Konservativen", die, so ihr Vorsitzender Joachim Siegerist, "sich zum Ziel gesetzt hat, um die fünf Millionen Exemplare zu drucken und zu vertreiben". Tatsächlich scheint dieser Aktion ein großer Erfolg beschieden zu sein, haben doch bereits innerhalb von vier Wochen mehr als zwei Millionen "Blüten" abgesetzt werden können. "Wir erhoffen uns natürlich grundsätzlich eine hohe Verbreitung unserer Vorlage, daher geben wir, nach Absprache, auch unserer Copyright frei", erklärte Siegerist gegenüber der JUNGE FREIHEIT. Auf diese Weise wird, nach den Vorstellungen der "Deutschen Konservativen", eine Verbreitungsreichweite angestrebt, die weit über die fünf Millionen Exemplare hinausgeht.

Die Idee an sich ist hingegen nicht neu. Bereits 1980 zur Kanzlerkandidatur von Franz Josef Strauß wurde ein ähnlich kreierter Geldschein aus der Inflationszeit der Weimarer Jahre in Umlauf gebracht. Damals versuchte die Initiative "Demokraten für Strauß" mit dieser Aktion, die zu dieser Zeit als zu hoch empfundene Inflationsrate zu karikieren. Seinerzeit traf es Bundeskanzler Helmut Schmidt, dessen Bild auf dem Geldschein prangte.

Schmidt zeigte sich damals von dieser Aktion überhaupt nicht begeistert, ihm war dies sogar eine Auseinandersetzung mit Strauß vor dem Bundestag wert. Auch diesmal soll, nach dem Willen der "Konservativen", der Geldschein als Stachel in Schröders Fleisch, zumindest aber als lästig verstanden werden.

 

Kontakt: Die Deutschen Konservativen e.V., Postfach 76 03 09, 22053 Hamburg.


 
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