© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    21/00 19. Mai 2000


Lachender Dritter
von Michael Oelmann

Man sah dem siegreichen NRW-Wahlkämpfer Möllemann am Wahlabend an, wie krampfhaft er sich zurückhalten mußte, nicht laut vor Freude und Genugtuung loszuschreien. Er hätte Grund dazu gehabt: Fast zehn Prozent – die Liberalen sind als lachende dritte politische Kraft wieder im Rennen, und das wohl nicht nur in NRW.

Zu recht wurde Rot-Grün abgestraft, wenngleich Clement weiterregieren darf. Mit wem, bleibt die spannende Frage. Alles andere als eine sozialliberale Koalition wäre angesichts des deutlichen Votums glatter Betrug am Wähler. Der könnte wegen der Koalitionsräson in Berlin allerdings vorprogrammiert sein. Dann käme es zu weiteren Jahren des politischen Siechtums im größten Bundesland – indes für die Grünen wohl nicht mehr als ein Gnadenbrot, denn selbst deren letzter treuer Wählerstamm, die mittlerweile gutsituierten Akademiker mit Porsche und schlechtem Gewissen, bröckelt ihnen davon. Die Jugend haben sie längst verloren, die geht Richtung Tatkraft, Fortschritt und Modernität.

Versagt hat Rüttgers und die NRW-CDU. Zwar hatten die mit dem Spenden-Skandal zu kämpfen, aber auch die verfilzten Genossen boten Angriffsfläche. Das Geld für einen guten Wahlkampf wäre klug investiert gewesen: knappe 1,6 Prozent mehr für CDU und FDP, und es hätte für einen Regierungswechsel gereicht. Den hätte Rüttgers mit der FDP haben können, denn Möllemann ist durchaus kein "Linker", sondern einfach nur Pragmatiker. Und genau das könnte NRW jetzt gut gebrauchen, zumal die Liberalen bereits in den Achtzigern gute Arbeit als Koalitionskorrelat zum rheinischen Sozialismus getan haben.


 
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