© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    21/00 19. Mai 2000

 
Heimische Singvögel enden im Kochtopf
Artenschutz: Spanische Vogelschützer rufen zu Unterstützung auf
Martina Zippe

Es ist Frühling. Alle Vögel sind schon da, heißt es in einem beliebten Kinderlied. Wirklich alle? Leider kehren nicht alle unsere einheimischen Singvögel von ihrer Überwinterung in Afrika oder am Mittelmeer nach Mitteleuropa zurück. Auf ihrer Hin- oder Rückreise rasten sie hungrig in Spanien, Italien oder Frankreich, wo sie nicht selten in die Bratpfannen der Einheimischen wandern. Sie werden abgeschossen oder mit Leimruten gefangen. Letzteres geschieht in Spanien zumeist in massiv aus Stein gebauten Vogelfang-Anlagen mit einem Gewirr von Leimruten und Netzen im Innern; die Spanier nennen diese Anlagen "barracas". Angelockt durch Vogelrufe auf Tonband lassen sich die Vögel auf den mit Leim bestrichenen Ästen nieder, von denen sie dann nicht mehr loskommen und verenden. In diese Fallen geraten auch Vögel, die vom Aussterben bedroht sind. Mitunter werden gefangene Exemplare dieser geschützten Arten von den Inhabern der Barracas mit Lösemittel behandelt, um den Leim zu lösen und wieder freigelassen. Die meisten überleben diese Prozedur aber nicht.

Nach Schätzungen der katalanischen Vogelschutzorganisation GEPEC gibt es in Spanien ungefähr 7.000 Barracas in den Provinzen Katalonien und Valencia. Darin werden jährlich mehr als zehn Millionen Sing- und Zugvögel gefangen.

Nach der Vogelschutzrichtlinie der EU von 1979 sind 72 Vogelarten jagdbar. Inzwischen sind die Bestände der Hälfte dieser Arten aber zurückgegangen, so daß aus wissenschaftlicher Sicht überdacht werden sollte, diese Arten von der Jagd auszunehmen. Unzulässig ist in der Europäischen Union das Fangen von Vögeln mit den genannten Leimruten. Die spanische Provinz Valencia erteilt hier aber Ausnahmegenehmigungen. Zudem stellt das Fangen von geschützten Arten, die mit in die Fanganlagen hineinfliegen, einen Verstoß gegen die Berner Konvention dar, die das unselektive Fangen von Vögeln verbietet.

Daher erwägt die EU gegen Spanien eine Klage.Gegen diese Verstöße aktiv ist das deutsche Vogelschutz-Komitee e.V.; dieser anerkannte Naturschutzverband ist mit der EU in Verhandlungen, um ein Ende des Vogelfangs in Barracas zu erreichen. Außerdem behindert das Vogelschutzkomitee die Betreiber von Fallen und zerstört diese. Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit liegt in der Aufklärung der einheimischen Bevölkerung und der Touristen über die grausamen Fallen. Das Ziel ist, die Touristen zu beeinflussen, so daß sie die Landstriche meiden, in denen Barracas stehen. Mit der Tourismusbranche wurde Kontakt aufgenommen, mit dem Ziel, daß Reiseveranstalter keine Kunden mehr dorthin vermitteln, wo der Vogelfang betrieben wird.

Das deutsche Vogelschutz-Komitee unterstützt außerdem auch die katalanische Vogelschutzorganisation GEPEC finanziell und ideell. Viele Mitglieder dieser örtlichen Vogelschützer haben Angst vor Repressionen der Besitzer von Barracas, erklärte der Präsident des deutschen Vogelschutz-Komitees, Eberhard Schneider, auf Anfrage gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. Selbst die Naturschutz-Feldhüter der staatlichen Verwaltung seien von Drohungen der Vogelfänger betroffen.

Schließlich erwerben die deutschen Vogelschützer auch Olivenhaine in Spanien, um den durchfliegenden Vögeln sichere Rastplätze zu bieten.

 

Vogelschutz-Komitee e.V.: Präsident Dr. Eberhard Schneider, Zentralbüro, Zur Akelei 5, 37077 Göttingen Tel.: 0551/ 2 09 93 29 oder 0180/ 52 48 948, Fax: 0551/ 2 48 94

Spendenkonto: Sparkasse Göttingen, BLZ 260 500 01, Konto-Nr. 46 303 590


 
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