© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    23/00 02. Juni 2000

 
Beatrix von Oldenburg
Für den Rechtsstaat
von Jörg Fischer

Junkerland in Bauernhand", hieß eine KPD-Parole der Jahre 1946/47. In der SBZ wurden nicht nur "Nazi- und Kriegsverbrecher" entschädigungslos enteignet, sondern alle "Großgrundbesitzer", die mehr als 100 Hektar Land ihr eigen nannten. Damit sollte nicht nur die alte kommunistische Forderung nach einer "Bodenreform" erfüllt, sondern gleichzeitig auch die Vertreibung von Millionen Deutschen jenseits von Oder und Neiße manifestiert werden. Der Kleinbauer aus Pommern erhielt genauso eine "eigene Scholle" wie der ehemalige Knecht aus Mecklenburg. Der enteignete "Junker" hingegen flüchtete – wenn er es noch konnte – gen "Westen".

Jahrzehntelang wurde dieser Landraub in der "Bonner Republik" als Unrecht angeprangert: Das wäre in einem Rechtsstaat nicht passiert! 1990 kam im Zuge der Wiedervereinigung der Bonner Rechtsstaat auch in die ehemalige SBZ und so manches Unrecht, daß in 55 Jahren "Diktatur des Proletariats" geschah, wurde wiedergutgemacht – so gut es ging. Die Enteignungen zwischen 1945 und 1949 sollten ausdrücklich nicht dazugehören. Das ließ eine Gruppe von Studenten aus Bonn, Heidelberg und Göttingen nicht ruhen: Sie gründeten im November 1996 den "Göttinger Kreis – Studenten für den Rechtsstaat e.V.". Sprecherin des Vereins wurde die damals 29jährige, in Lübeck geborene Beatrix Herzogin von Oldenburg. Aufgewachsen in Holstein, begann sie nach ihrer Banklehre 1993 ein Jura-Studium in Heidelberg. Hier begann auch Ihre Arbeit für den Verein. Schon im Dezember 1996 startete der erste "Mahnpavillon" in Bonn. Die Studenten präsentierten 300 Besuchern – darunter der damalige Bundesjustizminister Schmidt-Jorzig – "ihre" Auffassung vom "Rechtsstaat", die bis 1989 auch die aller Bundesregierungen war.

Ob im Gespräch mit der grünen Bundestagsvizepräsidentin Anje Vollmer oder dem CDU-Kanzleramtsminister Friedrich Bohl – immer hörten die Studenten: Die Enteignungen sind nicht rückgängig zu machen, da von den Sowjets veranlaßt und eine Bedingung für die Wiedervereinigung. Das ließ die rechtsstaatsgläubigen Studenten nicht ruhen: Im März 1998 luden sie Michael Gorbatschow zu einem Vortrag nach Berlin ein. Der letzte sowjetische Präsident bestätigte den Studenten: Die Unumkehrbarkeit der Enteignungen zwischen 1945 und 1949 war keine Bedingung für die deutsch Einheit. Selbst in den USA wird das "deutsche Konfiskationsunrecht" aufmerksam verfolgt, im vergangenen Jahr sprach Frau von Oldenburg darüber mit Maureen Walsh, die das Thema für den US-Kongreß verfolgt.

Mittlerweile ist unsere Regierung vom Rhein an die Spree zurückgekehrt. Auch die Studenten für den Rechtsstaat wechselten 1999 nach Berlin. In Potsdam, Berlins kleiner Nachbarstadt, steht die bescheidene, aber energische Frau von Oldenburg gerade mitten in ihrem zweiten Staatsexamen. Doch auch als fertige Juristin soll Ihre Arbeit für den Rechtsstaat weitergehen.


 
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