© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    23/00 02. Juni 2000

 
UMWELT
Der ökologische Reifenhersteller
Volker Kempf

Eine Firma, die Autoreifen herstellt, wirbt auf ihren Fahrzeugen mit der Botschaft, "Für Auto und Umwelt" zu sein. Genauso könnte die Feuerwehr für Feuersbrünste werben. Bei potentiellen Pyromanen käme dies bestimmt hervorragend an.

Eigenartigerweise steigt der Erfolg einer Firma oder einer politischen Partei tatsächlich mit dem Grad der Widersprüchlichkeit der Aussagen, die sie einzulösen verspricht. Einstmals wollten alle Freiheit und Gleichheit. Aber warum einstmals? Der Glaube, daß Gleichheit ohne Einschränkung von individueller Freiheit zu haben sei, ist als linke Lebenslüge ungebrochen. Auch der Abbau der Staatsschulden soll möglichst mit höheren Sozialausgaben einhergehen. Und links wie rechts wird die Ausweitung der Gewerbegebiete bei gleichzeitigem Schutz der Grünflächen vor ihrer Versiegelung propagiert.

Der homo konsumicus glaubt, die unterschiedlichsten Wünsche nach dem gesellschaftlichen Zusammenleben mit einem Griff in das Warenangebot der Parteien beliebig befriedigen zu können. Daß so kein Staat zu machen ist, liegt auf der Hand. Eine Partei der Widerspruchsfreiheit wäre nötig, aber höchstwahrscheinlich zum Scheitern verurteilt, weil sie genau die Wunschwelten zertrümmern müßte, die Parteien des kurzfristigen Erfolges wegen bedienen müssen.

Für mehr Natur, mehr Umweltschutz werben inzwischen alle. Gleichzeitig auch für weniger Verkehr, weniger Lkws und Pkws und weniger Konsum zu werben, wäre zwar eine ehrliche, aber nur wenig Wähler mobilisierende Option für eine Partei. Die Wahrheit gibt’s umsonst, weil sie schließlich niemand hören will. Andernfalls wären Philosophen reiche Leute.


 
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