© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    26/00 23. Juni 2000

 
UMWELT
Gurren und Murren
Martina Zippe

Wo ist denn Herr Kohl? Der hat noch gar nichts zur Energiepolitik gesagt!" Das bemerkte ein SPD-Politiker 1977 während einer Bundestagsdebatte zu Energiefragen.

Im Mai 1986 kam der Tschernobyl-Schock. Doch Helmut Kohl, inzwischen von der Oppositionsbank ins Kanzleramt umgezogen, hatte nicht mehr zu sagen als "weiter so, Deutschland". Rot-Grün konnte sich dann erst im Herbst 1998 mit seinen Atomausstiegsplänen an die Macht katapultieren. Dort angekommen, haben die Regierungsparteien nicht viel mehr zum Atomausstieg zu sagen als Kohl.

Mit der Energiewirtschaft wurden Restlaufzeiten vereinbart, die darauf hinauslaufen, daß keine neuen AKW gebaut werden, was ohnehin nicht geplant war. Die bestehenden AKW laufen langsam aber sicher aus, was sowieso geschehen wäre. Wozu in diesem Prozedere die Grünen notwendig waren, ist für die Wähler schwer ersichtlich. Es liefe ohne sie nicht anders. Ein Gurren und Murren geht bei den Grünen um, weil im Forschungsetat immer noch 8,5 Millionen Mark für die Atomwirtschaft vorgesehen sind. Ändern wird das nichts.

Und selbst wenn, müßte man sich fragen, warum sich Deutschland aus der Atomforschung verabschieden sollte, die eine Voraussetzung ist, um auf dem Technologiemarkt mitzumischen. Geforscht wird weltweit ohnehin. Wie es die Grünen machen, ob sie mitspielen oder auf die Ökobremse treten, sie können es nur falsch machen. Deshalb ist für die Grünen guter Rat teuer, aber nötig, um aus ihrem Stimmungstief rauszukommen. Wo, wie in der Bundesregierung, für die Grünen nicht viel zu gewinnen ist, da können sie vor allem verlieren, nämlich Wähler.


 
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