© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    29/00 14. Juli 2000

 
David Trimble
Geläuterter Monarchist
Von Michael Walker

Weltbekannt wurde David Trimble durch seine Rolle bei den Kämpfen mit der Polizei in Portadown im Sommer 1995: Die Proteste einer örtlichen Bürgerorganisation, die von – irischen – Sinn Fein unterstützt wurde, hatten damals dazu geführt, daß der Marsch der Oranier verboten wurde.

Als Ex-Aktivist der Vanguard Progressive Party (1975 bis 1977) und der gewaltbereiten antirepublikanischen Vanguard-Bewegung Bill Craigs galt Trimble als Vertreter der militanten Oranier-Opposition gegen die "Direct Rule" Londons über Nordirland, der auch an dem Scheitern des Sunndingdale-Friedensabkommens unmittelbar beteiligt war.

In den letzten Jahren scheint Trimble die Wende zum Pragmatisten vollzogen zu haben. 1996 trat er die Nachfolge von James Molyneaux als Vorsitzender der Ulster Unionist Party (UUP), der größten loyalistischen Partei, an. Diese Position verdankte er nicht zuletzt seiner bisherigen politischen Starrköpfigkeit. Inzwischen aber hat sich Trimble als einer der ersten erwiesen, die sich bemühen, den Loyalisten in Nordirland die Friedensinitiativen der Blair-Regierung schmackhaft zu machen. 1998 wurde ihm gemeinsam mit dem republikanischen Politiker David Hume für das sogenannten "Karfreitagsabkommen" der Friedensnobelpreis verliehen.

Trimbles erfolgreicher Einsatz in der Frage der Übergabe von IRA-Waffen sicherte ihm dieUnterstützung seiner Partei und des Oranierordens ebenso wie sein Bestehen darauf, daß die Dubliner Regierung auf den Souveränitätsanspruch über die sechs nordirsichen Grafschaften verzichtete, bevor die neue Nordirland-Versammlung eingerichtet wurde. Nur so ließ sich die Mehrheit der Loyalisten und Oranier auf das Prinzip der Machtteilung mit den Republikanern ein.

Das "Karfreitagsabkommen" sieht die Einrichtung einer Ulster-Versammlung vor, zu deren Erstem Minister Trimble gewählt worden ist und der auch Mitglieder von Sinn Fein angehören. Die beteiligten Parteien sicherten zu, auf Gewalt zu verzichten, und einigten sich darauf, daß der Status Nordirlands sich nicht ändert, solange die (aber schwindende protestantische) Mehrheit keine Änderung wünscht.

Im März wurde Trimble mit 457 zu 348 Stimmen als Parteichef wiedergewählt – aber die Opposition gegen ihn wächst. Der Vorsitzende der Democratic Unionist Party (DUP) sieht ihn gar auf dem "besten Weg in ein vereinigtes Irland" und bezeichnet die UUU als Partei der "unionistischen Nachgeber".

Trimble ist Anwalt; nicht zufällig gleicht seine Rolle bei der Kapitulation der Hegemonie der Oranier in Nordirland derjenigen, die Frederik Willem de Klerk, ebenfalls Anwalt, als letzter weißer Präsident Südafrikas spielte: beiden gelang es mit viel Geschick, den Übergang zu einer Politik des "Mehrheitsnationalismus" in die Wege zu leiten. Wenn Trimble seine Funktion erfüllt und dafür gesorgt hat, daß von dem protestantischen Irland nichts übrig ist, wird er wohl wieder in der politischen Versenkung verschwinden, aus der er so plötzlich auftauchte.


 
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