© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    29/00 14. Juli 2000

 
Viele Worte, wenig Taten
Arbeitsmarkt in Mitteldeutschland: Staatliche Fördermaßnahmen brachten wenig Erfolg
Paul Leonhard

Kerstin Eisewig aus dem ostsächsischen Großhennersdorf zählt sich zu den Verlierern der deutschen Einheit. Seit zehn Jahren hat die gelernte Tierpflegerin keinen festen Job mehr gefunden. Daß sie auf Kosten der Gesellschaft leben muß, grämt die 34jährige. Jede Arbeit sei besser, als ohne Gegenleistung Arbeitslosen- oder Sozialhilfe zu kassieren.

Wie Frau Eisewig geht es vielen Mitteldeutschen. Vor allem Frauen sind die Verlierer der deutschen Einheit. In Sachsen sind 70 Prozent der Arbeitslosen weiblich. Hinter der nüchternen Statistik verbergen sich zum Teil dramatische Schicksale, denn viele der Betroffenen haben mit dem Arbeitsplatz auch das Gefühl von Sicherheit, Selbstbewußtsein und ihre Einbindung in eine Schicksalsgemeinschaft verloren. In der Lausitzer Textilindustrie sind ganze Frauenbetriebe sang- und klanglos verschwunden.

In Brandenburg, wo sich die einstige Sozialministerin Regine Hildebrandt (SPD) für mehr soziale Gerechtigkeit und mehr sozialen Ausgleich einsetzte, ist die Lage nicht besser, als im christdemokratisch regierten Sachsen, wo Wirtschaftsminister Kajo Schommer schon vor sechs Jahren betonte: Der Freistaat hätte eine völlig normale Arbeitslosenquote, wenn die Erwerbsneigung der Frauen nicht so hoch wäre.

Einen Schritt weiter geht Professor Meinhard Miegel, Vorsitzender der Bayerisch-Sächsischen Zukunftskommission: Die Beschäftigungslage sei im Osten noch besser als in den alten Bundesländern, konstatiert Miegel in seinem Abschlußbericht über die Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit in Deutschland.

Zwei Jahre lang hatten Experten im Auftrag der Regierungen in Dresden und München über "Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit in Deutschland" geforscht und "Entwicklung, Ursachen und Maßnahmen" auf Hunderten von Seiten erarbeitet. Das Ergebnis überraschte wenig: Mehr Arbeit werde es in Deutschland auf absehbare Zeit nicht geben. Die Arbeitswilligen müßten sich eben die wenige Arbeit teilen. Auch Kommissionschef Miegel beklagt die höhere Erwerbsneigung der Frauen. Während auf dem Gebiet der Ex-DDR drei von vier Erwerbsfähigen einen Arbeitsplatz suchen, seien es im Westen nur zwei von drei. Bleibe das so, steige entweder die Zahl der männlichen Arbeitslosen oder mehr Menschen müssten in Teilzeitjobs arbeiten. Speziell im Osten sei die Arbeitslosigkeit nicht abzubauen, ohne daß die Bevölkerung ihr Verhalten und ihre Ansprüche drastisch ändere.

Kurz: Wenn mehr Frauen arbeiten wollten, müßten eben weniger Männer im Berufsleben stehen. Oder die Innovationskraft müsse größer sein als in den innovativsten Regionen Europas. Oder es müßten mehr Menschen bereit sein, in Teilzeit ohne Lohnausgleich zu arbeiten. Oder die Arbeitswilligen müßten bereit sein, "Einkommenssegmente zu akzeptieren, die in anderen Ländern stark ausgebaut wurden". Gemeint sind "personennahe kleine Dienste" in bisher unüblichen niedrigen Einkommensgruppen. Mehr Arbeitsplätze in der Alten- und Kinderbetreuung im häuslichen Bereich seien zu schaffen. In den USA sei der Anteil derartiger Arbeitsplätze immerhin doppelt so hoch wie in Deutschland, hatte der Professor errechnet.

"Wir wollen Erwerbsarbeit, von der man leben kann, für alle Männer und Frauen", hatte die "Mutter Courage" Regine Hildebrandt betont. Um die Arbeitslosenquote zu reduzieren, sei ein "ganzes Maßnahmenbündel" auf den Weg zu bringen. Welches, ließ sie offen. Zum gleichen Zeitpunkt regte Sachsenpremier Kurt Biedenkopf (CDU) ähnlich gerichtete Reformen "in allerkürzester Zeit" an. Allein, der Ministerpräsident wollte mit entsprechenden Gesetzesinitiativen bis nach der Bundestagswahl warten. Dabei blieb es bis heute.

Auch SPD-Mann Rolf Schwanitz ist zu diesem Thema seltsam still geworden. Als der Staatsminister im Bundeskanzleramt und Ostbeauftragte noch um seine Wahl buhlte, wußte er, daß "die konservativen Träume, daß sich die ostdeutschen Frauen ihre Erwerbsneigung abgewöhnen, zu den Akten gelegt werden können". Und die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung hatte – zeitlich parallel mit dem Miegel-Bericht – ebenfalls das Papier einer Zukunftskommission vorgelegt. Auch hier hatte das auf Wachstum orientierte "Modell Deutschland" der siebziger Jahre ausgedient. Die im Auftrag der Sozialdemokraten tätigen Wissenschaftler warnten vor der von Unternehmen und Staat verfolgten Kostensenkungsstrategie. Damit würden die Verteilungskonflikte verschärft und letztlich ein wachsender Teil der Bevölkerung ausgegrenzt. Die entstehende "Sozialfalle" berge eine beträchtliche Sprengkraft für das Gesellschaftssystem der Bundesrepublik. In dem von hoher Arbeitslosigkeit und damit Perspektivlosigkeit geprägten Hoyerswerda geraten immer mehr Jugendliche auf die schiefe Bahn. Statistisch begingen hier über 6.800 Kinder und 14.000 Jugendliche (je 100. 000 Einwohner) eine Straftat. In Dresden waren das vergleichsweise knapp 4.800 Kinder und 10.600 Jugendliche.

In der sächsischen Landeshauptstadt vermehren sich die sozialen Brennpunkte. Längst sind es nicht mehr die Plattenbaustadtteile, in denen sich Modernisierungsverlierer, sozial Auffällige und Diskriminierte konzentrieren. Hier könnten abweichende Normen dominant werden, warnt Isolde Heintze vom Institut für Soziologie der Technischen Universität Dresden. In Stadtteilen, in denen jeder zweite Haushalt von der Arbeitslosigkeit betroffen ist, habe das deutlich negative Folgen für das Familienklima. Würden sich Arbeitslosigkeit und sozialer Abstieg der Familie mit einem verwahrlosten Stadtviertel verbinden, habe das negative Auswirkungen auf die Lebenschancen der Kinder und Jugendlichen. "Wir dürfen die Menschen nicht in der Falle: kein Job, fehlende Perspektive, Arbeitslosenhilfe, Sozialhilfe, lassen", fordert Sachsens DGB-Chef Hanjo Lucassen.

Amtsstuben sind schwäbisch und bayerisch dominiert

Vor seiner Wahl hat der heutige Bundeskanzler Gerhard Schröder die sozialdemokratischen Ideale beschworen. Eine effektivere Volkswirtschaft verbunden mit einer gerechteren Gesellschaft wolle er verwirklichen. Davon ist wenig zu spüren. Aber auch vor dem Machtwechsel in Bonn/Berlin haben sich die Sozialdemokraten beim Thema Arbeit im Osten nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Statt für greifende Förderprogramme zu sorgen, haben sie zugelassen, daß sich die westdeutsche Wirtschaft gesundgestoßen hat und die Amtsstuben der Verwaltung heute schwäbisch und bayrisch dominiert sind. Überdies hat die SPD mit ihrer Beteiligung an der mächtigen Tageszeitung Sächsische Zeitung finanziell kräftig abgesahnt.

Wachstumsraten von zehn Prozent in der Ost-Wirtschaft seien ein Erfolg, sagt Rüdiger Pohl, Professor am Institut für Wirtschaftsforschung Halle. Der Mann hat recht. Auch wenn er betont, in Westdeutschland habe man auch nicht innerhalb von einem Jahrzehnt paradiesische Zustände erreicht. Aber das ist Menschen schwer vermittelbar, denen man wirtschaftlich "blühende Landschaften" versprochen hat.

Dabei ist seit Jahren klar, daß die Angleichung an den Westen viel langsamer vonstatten geht, als gedacht. Selbst wenn die vorausgesagten hohen Wachstumsraten tatsächlich eintreten, hatte Sachsens Finanzminister Georg Milbradt bereits vor sechs Jahren prognostiziert, werde im Freistaat 1998 je Einwohner gerade mal 54 Prozent der Wirtschaftsleistung der Altbundesländer erbracht. 1994 waren es 44 Prozent. Und das trotz der geradezu komfortablen Finanzausstattung der neuen Länder im ersten Jahrzehnt nach der Wiedervereinigung.

Ab 1995 waren die ostdeutschen Kassen zu 17 Prozent mehr gefüllt als die der Westländer. Für Milbradt lag in dieser Sonderausstattung "unsere wirkliche Chance". Aber wie wurde sie genutzt? Die sächsische Regierung hat auf eine Handvoll Prestigeobjekte gesetzt. Mit enormen staatlichen Mitteln wurden Konzerne wie AMD, Siemens oder Volkswagen zur Ansiedlung bewogen und dafür der Mittelstand sträflich vernachlässigt. Überdies floß ein Großteil der von der Solidargemeinschaft zur Verfügung gestellten Gelder in den Westen zurück. Als Faß ohne Boden erwiesen sich auch die zahlreichen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Statt neue Arbeitsplätze zu schaffen, wurden weitere vernichtet. Denn die ABMler nahmen Handwerkern und kleinen Betrieben die Aufgaben weg. Als schwere Erblast wird sich ebenfalls die Entlassung einer ganzen Generation erfahrener Facharbeiter aus dem Produktionsprozeß erweisen. Die 50- bis 60jährigen wurden von heute auf morgen in den Vorruhestand geschickt. Damit wurden nicht nur die Altersstrukturen in den Betrieben gestört, auch unbezahlbare Erfahrungen sind mit diesen Frauen und Männern verlorengegangen.

Die zeitweise Rettung zahlreicher Traditionsunternehmen durch staatliche Zuschüsse war letztlich in den meisten Fällen nichts anderes als eine Konkursverschleppung und ein Spiel mit den Hoffnungen der Beschäftigten. Nicht selten wurden Betriebe zwei- bis dreimal privatisiert und nach der Pleite erneut mit Fördermillionen versehen. Zur Rechenschaft gezogen wurde kaum einer der Geschäftsführer und Wirtschaftsberater.

Über die Fehler bei der deutschen Einheit und dem nachfolgenden Prozeß des Zusammenwachsens wird seit Jahren gern beschwichtigend hinwegschaut: "Bei der nächsten Wiedervereinigung machen wir es besser", heißt der bei Politikern aller Couleur beliebte Kalauer. Aber die nächste Vereinigung steht vor der Tür: Die Osterweiterung der Europäischen Union. Und erneut werden die Probleme verharmlost. Polnische und tschechische Wanderarbeiter und Pendler, die deutsche Arbeitsplätze gefährden? Sachsens Europaminister Stanislaw Tillich (CDU) winkt beschwichtigend ab: "Keine Gefahr, wer tatsächlich in Deutschland arbeiten will, ist schon längst da." Daß der Bürgermeister der kleinen Stadt Zittau im Dreiländereck zu Polen und Böhmen mit 600 bis 700 Tagespendlern rechnet, sei doch nicht beunruhigend. "Erklären Sie das mal den Betroffenen", reagiert das Stadtoberhaupt gereizt. Doch der Minister läßt sich nicht stören. In der Brüsseler Statistik kommt Zittau nicht, das Problem für die an der bundesdeutschen Ost- und Südgrenze liegenden Kommunen nur am Rande vor.

Dabei gleicht nicht nur die einst reiche Handelsstadt Zittau einem Schatten ihrer selbst, der gesamte Landkreis Löbau-Zittau hat sich zu einer der ärmsten Regionen Sachsen entwickelt. Die Strahlkraft der von Biedenkopf favorisierten Leuchttürme namens AMD, Siemens, VW und Porsche reicht nicht bis ins Grenzland. Hier geht gerade einmal etwas über die Hälfte der erwerbsfähigen Menschen zwischen 15 und 65 Jahren einer Beschäftigung nach.

Erst wenn man die Schüler über 15 Jahre, die Studenten, Erwerbsunfähigen, Pendler, Rentner und andere Gruppen als nicht Arbeitsuchende dazu addiert, kommt man auf die offizielle Zahl einer Arbeitslosigkeit von 25 Prozent. Das Spiel mit der Statisitk ist grotesk. So sind Sozialhilfeempfänger und Frührentner – von denen sicher viele gern arbeiten würden – in den Zahlen nicht enthalten. Wer in Strukturanpassungsmaßnahmen wie Arbeitsbeschaffung, Lohnkostenzuschuß Ost und überbetrieblicher Ausbildung untergebracht ist, gilt ebenfalls nicht als arbeitslos. Denn er ist auf dem "zweiten" Arbeitsmarkt tätig. Selbst ein Anspringen des Konjunkturmotors führt nicht sofort zu Neueinstellungen. Erst bei einem Wachstum von über drei Prozent würden die Betriebe neue Arbeitskräfte suchen, weiß Sachsens Landesarbeitsamtspräsident Alois Streich. Alles darunter werde durch Kapazitätsreserven ausgeglichen.

Daß es überhaupt zu Verbesserungen kommt, liegt nicht an einer gewachsenen Zahl von Arbeitsplätzen, sondern an der Abwanderung der Bevölkerung. Vor allem junge Leute entschließen sich schweren Herzens, auf der Suche nach Ausbildungsplätzen und Jobs die Heimat zu verlassen. Zurück bleiben die Schwächeren, weniger Mobilen. In den mitteldeutschen Großstädten fällt diese Entwicklung derzeit noch weniger auf als in ländlich geprägten Gegenden.

Die höchste Arbeitslosenquote weist Sachsen-Anhalt auf. Gleichzeitig ist es das neue Bundesland mit der höchsten Industriedichte. Diese ist aber immer noch geringer als die des schwächsten westdeutschen Landes, Schleswig-Holstein. Überdies ist seit 1997 das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts im Osten nicht mehr höher und zuletzt sogar niedriger als im Westen. Das ist zum Teil Ergebnis des vom schwachen Euro stimulierten Exportbooms im Westen, an dem der Osten kaum partizipiert. Andererseits hat sich der Prozeß der Anpassung verlangsamt.

Vor allem die erhebliche Produktivitätslücke müsse geschlossen werden, fordert Klaus Zimmermann, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Die Tariflöhne in den neuen Ländern hätten etwa 85 Prozent des Westniveaus erreicht, während die Arbeitsproduktivität bei rund 55 Prozent stagniere. Statt neuen Fördertöpfen sieht Zimmermann die Zukunft in mehr Eigeninitiative.

Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit könne zwar die Arbeitsförderung keineswegs zurückgefahren werden, betont auch Sachsens PDS-Chef Peter Porsch, aber es gebe zweifelsohne "intelligentere Maßnahmen als ABM". Der Linkssozialist denkt dabei an gezielte Projektförderungen.

Die neuesten Arbeitslosenzahlen sind auch nur bedingt Anlaß zur Freude. Problemzonen bleiben in Mitteldeutschland Ostsachsen, das Erzgebirge, die Arbeitsamtsbezirke Artern und Altenburg in Thüringen mit jeweils um die 25 Prozent Arbeitslosen und Sachsen-Anhalt insgesamt. Registrierten die Arbeitsämter der westlichen Bundesländer Ende Juni mit 2,426 Millionen Arbeitslosen immerhin 226.800 weniger als ein Jahr zuvor und 32.600 weniger als im Vormonat, so hinkt der Osten weiterhin hinterher. Hier wurden zum selben Zeitpunkt 1,297 Millionen Arbeitslose gezählt. Das bedeutet sogar einen Anstieg von 13 100 Betroffenen gegenüber dem Juni 1999. Lediglich im Vergleich mit dem Mai 2000 ist die Zahl der Arbeitslosen auf 31.400 gesunken.

Folgerichtig sieht man in keinem der neuen Länder einen Anlaß für eine Entwarnung. Grund zur Freude gebe es angesichts von rund 218.000 Arbeitslosen nicht, findet Brandenburgs Arbeitsminister Alwin Ziel (SPD). Er könne lediglich von deutlichen Signalen sprechen, die optimistisch stimmen könnten. Vorsichtig zeigt sich ebenfalls Alois Streich, Präsident des sächsischen Landesarbeitsamtes: Die Entwicklung der Arbeitslosigkeit habe sich im monatsüblichen Rahmen bewegt. Für ihn zeigt die geringer werdende Nachfrage nach Arbeitskräften lediglich, daß die konjunkturellen und strukturellen Probleme den Arbeitsmarkt weiterhin belasten. In Sachsen stieg die Zahl der Arbeitslosen im Juni 2000 im Vergleich zum Vorjahresmonat um 2,6 Prozent bzw. um 9.287 Betroffene. Insgesamt sind im Freistaat offiziell rund 367.700 Menschen als arbeitslos gemeldet.

Sorgen bereiten vor allem
die Langzeitarbeitslosen

Sorgen bereiten den Regierungen in Dresden und Potsdam vor allem die Langzeitarbeitslosen. Trotz intensiver Anstrengungen gelinge es nicht, die Zahl der länger als ein Jahr Arbeitslosen spürbar zu verringern, räumt Streich ein. Derzeit fallen in Sachsen mehr als 134.000, in Brandenburg 84.116 Arbeitslose unter diese Kategorie. Das sind 36,5 bzw. 38,5 Prozent aller sächsischen bzw. brandenburgischen Arbeitslosen. TAURIS heißt ein Beschäftigungs-Projekt der sächsischen Staatsregierung für Langzeitarbeitslose über 50 Jahre und Sozialhilfeempfänger. Ihm hat beispielsweise die 53-jährige Rosemarie Rentsch ihre neue Tätigkeit zu verdanken. Gemeinsam mit dem Ortschronisten hat sie eine Ausstellung "30 Jahre Stadt Wilthen" vorbereitet. Dafür erhält sie eine Aufwandsentschädigung vom Land: Für 56 Stunden Arbeit monatlich gibt es 150 Mark. "Man muß sich nützlich machen", sagt Frau Rentsch. Zu viele würden zu Hause rumsitzen, grübeln und auf dumme Gedanken kommen. Insgesamt erhält Sachsen in diesem Jahr (wie bereits 1999) 3,9 Millliarden Mark für Maßnahmen auf dem zweiten Arbeitsmarkt.

Auch die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen ist in beiden Ländern gegenüber dem Vorjahresmonat um 7.300 (Sachsen) bzw. 868 (Brandenburg) angestiegen. Derzeit sind in beiden Bundesländern mehr als 41.000 Arbeitswillige unter 25 Jahren ohne Job. Ähnlich sieht es in Thüringen aus.

Hier setzt Wirtschaftsminister Franz Schuster (CDU) auf Förderprogramme, die in den anderen Ländern von wenig Erfolg gekrönt waren: 38 Prozent der Thüringer Arbeitslosen werden durch ein Förderprogramm unterstützt. 620 Millionen Mark will der Freistaat in diesem Jahr dafür bereitstellen. Weitere 233 Millionen investiert Erfurt in Strukturanpassungsmaßnahmen Ost (SAM) und das auf ältere Erwerbslose zugeschnittene Programm "50 Plus". Damit gebe man für SAM mehr Gelder aus als alle anderen neuen Länder zusammen, sagt Schuster stolz. Über Sinn oder Unsinn der Maßnahmen äußert er sich nicht. Da sollte man vielleicht in Sachsen nachfragen, wo man die geringe Nachfrage bei SAM für Wirtschaftsunternehmen bedauert, und mit der "Aktion 55" ein ähnliches Programm wie "50 Plus" gerade zum Auslaufen verdammt wurde . Die Zahl der geförderten SAM-Beschäftigungsverhältnisse sank im Reiche Biedenkopfs deutlich um 14,1 Prozent auf 29.400. Der Grund dafür ist, daß seit Frühjahr 1999 der Höchstsatz für Lohnkostenzuschüsse von 2.480 auf maximal 1.350 Mark herabgesetzt wurde. Einstellungen sind damit für Arbeitgeber weniger interessant.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen