© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    30/00 21. Juli 2000

 
Der Kern der Differenz
von Ernst Nolte

Wer den Konrad-Adenauer-Preis für Wissenschaft der Deutschland-Stiftung entgegennimmt, muß von Deutschland, mindestens auch von Deutschland sprechen, und er sollte ein wissenschaftliches Problem, das damit im Zusammenhang steht, umrißhaft zum Thema machen. Aber ich muß ebenfalls von mir selbst reden, denn nur dann gewinnt der Dank, den ich der Stiftung schulde, sein angemessenes und, wie zu zeigen sein wird, außerordentliches Gewicht.

Einer der berühmtesten und meistgelobten Autoren Deutschlands, Marcel Reich-Ranicki, entschuldigt sich im letzten Kapitel seines Buches "Mein Leben" bei den Lesern dafür, daß er einer "so trüben, ja verächtlichen Figur der deutschen Zeitgeschichte wie Ernst Nolte" so viel Aufmerksamkeit gewidmet habe. Der Grund sei der, daß Nolte in dem FAZ-Artikel vom 6. Juni 1986, der den "Historikerstreit" auslöste, behauptet habe, der "deutsche Mord an den Juden" sei keineswegs einzigartig gewesen und habe "die Folge, wenn nicht die Kopie der Bolschewistischen Schreckensherrschaft, eine Art deutsche Schutzmaßnahme" dargestellt, ja Nolte habe sich nicht gescheut, Juden mit Ungeziefer zu vergleichen. So müsse man zwar an der "Zurechnungsfähigkeit dieses Gelehrten" zweifeln, aber das schlimme sei, daß er die Unterstützung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und ihres Herausgebers Joachim Fest gefunden habe, der dadurch "auf dem Tiefpunkt seiner Karriere angelangt" sei.

Wenig später hat sich Reich-Ranicki auf ganz ähnliche Weise geäußert, als er zusammen mit Jürgen Habermas und Siegfried Unseld den "Hessischen Kulturpreis" entgegennahm. Er rühmte seinen Mitpreisträger Jürgen Habermas, weil dieser im Juli 1986 in der Zeit gegen Nolte und Andreas Hillgruber zu Felde gezogen sei, jene "revisionistischen" Historiker, die sich nach Habermas die "Entsorgung der deutschen Vergangenheit" zum Ziel gesetzt hätten. In der Tat hatte ich wie Andreas Hillgruber nie zu jener "Suhrkamp-Kultur" gehört, die Siegfried Unseld geschaffen hatte, und die "neue" Frankfurter Allgemeine Zeitung von 1999, der Reich-Ranicki nun lobende Worte zukommen ließ, war vollkommen im Recht, als sie schrieb, "drei große repräsentative Gestalten unserer Kultur" seien mit diesem Preis ausgezeichnet worden.

Die Deutschland-Stiftung gibt mit der Verleihung des Konrad-Adenauer-Preises für Wissenschaft zu erkennen, daß sie die Urteile von Marcel Reich-Ranicki und Jürgen Habermas für falsch und mindestens für einseitig hält. Sie legt mithin den außergewöhnlichen Mut an den Tag, von der Hauptströmung des gegenwärtigen intellektuellen Lebens in Deutschland abzuweichen und denjenigen Historiker zu ehren, der durch das einmütige Zusammenwirken von nahezu allen Trägern dieser Strömung aus dem öffentlichen Leben Deutschlands entfernt und zu einer "Unperson" gemacht worden ist. Dafür gebührt ihr Respekt und Dank. Ich muß aber vor allem begründen, weshalb ich das Urteil der Stiftung für richtig halte, und ich muß darlegen, worin ich den Kern der Differenz sehe, die zu persönlichen Animositäten keinen Anlaß geben sollte.

Mein Gegensatz zu Reich-Ranicki und Habermas datiert nicht von meinen Anfängen her. Als ich mich im Jahre 1956 an der Seite von Hans-Werner Richter und Recik Kuby im "Grünwalder Kreis" zum ersten und letzten Mal in meinem Leben politisch engagierte, da hätten die beiden Herren dazugehören können. Wie wohl die meisten Angehörigen unserer Generation, der in den zwanziger Jahren Geborenen, bin ich von der Frage ausgegangen: "Wie war es möglich?", und schon damit war der Umstand gegeben, daß wir zu "Deutschland" kein ungebrochenes, kein unreflektiertes Verhältnis haben konnten, daß Deutschland für uns nicht "das Vaterland, das teure" war, dem wir uns in Glück und Unglück anzuschließen hätten, denn der Bruch von 1945 war viel zu tief. Die "Selbstkritik", das heißt die Kritik an dem nationalsozialistischen Begriff von "Deutschland" und an dessen Ursprüngen verstand sich deshalb von selbst, und sie war sogar für diejenigen unumgänglich, die gläubige Anhänger Hitlers gewesen waren.

Mir lag diese Kritik näher als vielen anderen, denn von meiner Familientraditon her stand ich einem abweichenden Konzept von "Deutschland" nahe, nämlich dem katholisch-großdeutschen, wie es etwa im Bismarck-Reich von Constantin Frantz, in der Emigration von Friedrich Wilhelm Foerster und in der Gegenwart der entstehenden Bundesrepublik von Franz Schnaben repräsentiert wurde. Aber ich betrachtete mich in den fünfziger Jahren doch in erster Linie als einen Philosophen der Heidegger-Schule, der in der allmählichen Loslösung von seiner Herkunft begriffen war, und die Distanz gegenüber der Geschichtswissenschaft jener Jahre wurde auch dadurch verstärkt, daß ich durch zufällige Umstände während der Kriegszeit nicht zur Wehrmacht einberufen worden war. In diesem Distanzierungsprozeß spielte das Studium der Werke von Marx eine wichtige Rolle.

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Wer das welthistorische Phänomen des Bolschewismus als der gewaltigsten Erscheinungsform des Sozialismus ernst nimmt, der kann die stärkste aller Gegenbewegungen nicht auf "pure Wahnideen" reduzieren.

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Ich müßte nun einiges zur Entstehung und zu dem Charakter meines Buches von 1963 "Der Faschismus in seiner Epoche" sagen, aber (…) ich beschränke mich jetzt auf zwei nicht weiter zu erläuternde Thesen. Einerseits war dieses Buch unverkennbar von einer "antifaschistischen" Grundstimmung durchdrungen, und es wich weit von den damals vorherrschenden Auffassungen ab, als es den vielfach so genannten "Ostfeldzug" mit den Worten charakterisierte, es habe sich dabei um "den ungeheuerlichsten Eroberungs-, Versklavungs- und Vernichtungskrieg" gehandelt, den die moderne Geschichte kenne. Und was die "Endlösung der Judenfrage" betrifft, so konnte ein israelischer Historiker noch 1985 in der Historischen Zeitschrift sagen, hier sei der nationalsozialistischen "Judenvernichtung" erstmals in der deutschen wissenschaftlichen Literatur der richtige, nämlich der zentrale Platz zugewiesen worden.

Aber andererseits ließ das Buch ein schon damals als ungewöhnlich empfundenes Bemühen um Objektivität erkennen, das bis zu der nicht ganz selten als bedenklich angesehenen Wendung führte, bei Hitlers Ideologie handle es sich um ein Gedankengebäude, dessen "Folgerichtigkeit und Konsistenz" den Atem verschlage. Und schon in der Definition des Faschismus als eines Antimarxismus besonderer Art ist die Konzeption impliziert, daß in der sogenannten Weltkriegsepoche auf verschiedenen Ebenen ein ideologischer und übernationaler "Krieg" zwischen dem Bolschewismus als dem militanten Marxismus und dem Radikalfaschismus des Nationalsozialismus geführt worden sei.

Insofern war – nach den Werken über den Kalten Krieg und über den Marxismus – der Weg zu dem Buch von 1987 "Der europäische Bürgerkrieg 1917–1945" ganz konsequent – auch insofern, als ich diesmal dem Bolschewismus gegenüber bei aller unverkennbar antibolschewistischen Grundeinstellung mit einiger Ausführlichkeit um dieselbe Objektivität bemüht sein mußte wie zuvor gegenüber dem Nationalsozialismus. Ich habe daher den Enthusiasmus, den die "Oktoberrevolution" in weiten Teilen des vom Kriege gepeinigten Europa erzeugte, mit viel Teilnahme beschrieben, aber im ganzen konnte ich mich nicht mehr, wie noch 1963, der Einsicht verschließen, daß die KPdSU die früheste und stärkste Vernichtungsorganisation des 20. Jahrhunderts war und daß die nationalsozialistische Partei eine spätere und weniger umfassende Entsprechung darstellte, ja vielleicht nicht mehr als eine "verzerrte Kopie".

Heute kann sich auch der entschiedenste "Linksintellektuelle" aus den Erinnerungen von Lew Kopelew leicht ein Bild davon machen, was die früheste "Säuberungsideologie" des 20. Jahrhunderts war und was für grauenhafte Handlungen die Akteure mit gutem Gewissen begehen mochten. Jedenfalls muß allen, die sich in die frühen Äußerungen Hitlers und seiner nächsten Gefolgsleute über den Bolschewismus vertiefen – über die "Blutdiktatur in Rußland", die "Schlachthäuser der Tscheka", die "Ausrottung der nationalen Intelligenz", den "Massenmörder Lenin" –, der Eindruck sich aufdrängen, daß die späteren Massenmörder von Empörung, Angst und Erbitterung im Hinblick auf frühere Massenmorde erfüllt waren und daß darin von der anderen Seite her eine Singularität des "Holocaust" gegenüber allen übrigen Genoziden zu sehen ist, so gewiß die Umsetzung vom Sozialen ins Biologische eine qualitative Differenz ausmacht.

Aber der "heikelste" aller Punkte darf nicht ausgespart werden. Wer das welthistorische Phänomen des Bolschewismus als der gewalttägigen Erscheinungsform des Sozialismus ernst nimmt, der kann die stärkste aller Gegenbewegungen nicht auf "pure Wahnideen" reduzieren. Und dann wird die Frage unumgänglich, ob nicht auch Hitlers "Antisemitismus" einen "rationalen Kern" besaß, das heißt einen verstehbaren, nachvollziehbaren Impuls.

Viele ehrenwerte Menschen und angesehene Autoren erregen sich schon über die bloße Frage, aber sie scheinen wenig Empfinden dafür zu haben, wie sehr sie das Judentum – ein welthistorisches Volk wie kaum ein anderes, wenngleich seit zwei Jahrtausenden ohne kriegerische Triumphe oder Niederlagen – herabsetzen, wenn sie meinen, es habe in seinen unterschiedlichen Teilen während einer geschichtlichen Epoche von überragender Bedeutung nur ängstliche Passivität an den Tag gelegt und es habe sich nicht für große "Sachen" und weitgespannte Zielsetzungen engagiert.

Zweifellos war die nationalsozialistische Vorstellung vom einheitlich handelnden "Weltjudentum" eine Fiktion. Gewiß war die "kollektivistische Schuldzuschreibung", welche die Nationalsozialisten vornahmen, ganz verfehlt und die durchsichtige Umkehrung jener dialektischen Schuldzuschreibung, die der Marxismus gegenüber dem "kapitalistischen System" und "den Kapitalisten" vorgenommen hatte. Aber in meinen Augen verweigert man dem Judentum die Ehre, die ihm zusteht, wenn man nicht wenigstens darüber nachzudenken bereit ist, ob der nationalsozialistische "Antisemitismus" sich in seinem "rationalen", nachvollziehbaren Kern nicht letzten Endes gegen dasjenige richtete, was für Ludwig Klages "der Geist als Widersacher der Seele" war und was man auch die "Intellektualisierung" als Grundzug der Geschichte nennen könnte. Den heutigen "Philosemiten" wäre zu empfehlen, Autoren wie Emmanuel Lévinas, Franz Rosenzweig und George Steiner zu lesen, um von der uralten Selbsteinschätzung und dem Singularitätsanspruch des genuinen Judentums eine Vorstellung zu gewinnen.

Daß ein Intellektueller sich mit Hitler gegen die "Intellektualisierung" oder die "Herrschaft des Geistes" stellen könnte, ist undenkbar, doch er kann, ja er soll selbstkritisch sein und auch seinem existenziellen Gegner gegenüber nach dessen Untergang den Willen zur Objektivität an den Tag legen. Was daraus am ehesten entsteht, ist nichts anderes als die Konzeption des "europäischen Bürgerkriegs" und des ihn ablösenden "Weltbürgerkrieges" bis 1989/91. Man könnte sie das siebente der Paradigmen zur Interpretation des 20. Jahrhunderts nennen – neben dem positiven und dem negativen "germanozentrischen", dem marxistischen, dem progressivistischen, dem jüdischen und demjenigen der strukturellen Totalitarismuskonzeption. Durch seine Mehr-Seitigkeit, die im Hinblick auf die Weltkriegsepoche vorwiegend Zwei-Seitigkeit bedeutet, steht dieses Paradigma, die historisch-genetische Version des Totalitarismuskonzepts, dem negativ-germanozentrischen und dessen nachdrücklich bejahter Ein-Seitigkeit am stärksten gegenüber, obwohl eine Ursprungsähnlichkeit nicht zu verkennen ist.

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Die Geschichtswissenschaft kann auf das "Verstehbarmachen" nicht verzichten, obwohl es nur allzu verständlich ist, daß die unmittelbar Betroffenen eben dies als moralische Rechtfertigung betrachten.

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Das negativ-germanozentrische Paradigma entwickelte sich seit etwa 1968 genau in die Gegenrichtung, und es verschmolz weitgehend mit dem jüdischen, für das natürlich von vornherein der "Holocaust" zentral war. Es bezog sich in den Hervorbringungen einer schuldlos-schuldbekennenden Generation unter Vernachlässigung der elementarsten Postulate der Wissenschaft immer exklusiver auf Deutschland bis hin zu jenem Punkt der Vulgarisierung, welcher allerdings kein Paradigma ganz entgehen kann, etwa der Forderung "Deutschland verrecke!"; es erzeugte die "Wehrmachtsausstellung" und die triumphale Rundreise Daniel Goldhagens durch die Hörsäle und Sendeanstalten Deutschland; es tendierte immer mehr dazu, "Einzigartigkeit" als "Einzigkeit" oder als eine Art "Schwarzes Loch" zu verstehen, das allem Begreifenwollen entzogen sei; es bildete sogar eine Quasi-Religion vom "absoluten Bösen" aus, die aber gegenwärtig dabei ist, sich zu universalisieren und den ganzen Okzident, ja "die bisherige Geschichte" statt bloß den Nationalsozialismus zum Angriffsobjekt zu machen. Erst gegen diese umfassende Offensive ließ sich wieder ein positiver Begriff von "Deutschland" gewinnen.

Auch in diesem Angriff gibt es indessen einen "rationalen Kern", nämlich die Erfahrung des unaufhaltsamen Übergang zur "Weltzivilisation", der aber um vieles komplizierter und konfliktreicher ist, als seine Ideologen es sich vorstellen, denn der Mensch ist nicht nur ein entgrenzendes, sondern auch ein Grenzen setzendes Wesen. Gleichwohl ist nicht auszuschließen, daß die Menschheit sich am Ende des 21. Jahrhunderts auf eine Quasi-Religion geeinigt haben wird, in welcher der deutsche Nationalsozialismus den Teufel und sie selbst den Gott oder den Götterhimmel spielt, obwohl es sich dabei um ein Gegenbild zu der Hitlerschen Quasi-Religion handeln würde. Schon aus dem Ansatz hierzu erklären sich alle Emotionen und alle Mißverständnisse bis hin zu schlichten Lesefehlern, die der mehrseitigen Konzeption vom Europäischen Bürgerkrieg entgegengebracht wurden und die zuletzt in den zu Anfang zitierten Äußerungen von Reich-Ranicki einen allerdings exorbitanten Ausdruck fanden. Die Geschichtswissenschaft kann auf das "Verstehbarmachen" nicht verzichten, obwohl es nur allzu verständlich ist, daß die unmittelbar Betroffenen und die Moralisten eben dies als moralische Rechtfertigung betrachten – aber um einen geringeren Preis ist Wissenschaft in "sensiblen" Bereichen nun einmal nicht zu haben. Ich setze indessen genug Vertrauen in die menschliche Vernunft, um es für wahrscheinlicher zu halten, daß die historisch-genetische Version der Totalitarismustheorie sich auf längere Sicht durchsetzen wird, da sie schon heute mit den künftigen Generationen die Distanz teilt, welche die Voraussetzung von Wissenschaft ist.

Ich breche ab, indem ich feststelle, daß die Entwicklung einer neuartigen, ungewohnten und als anstößig empfundenen Interpretationsweise zweifellos in den Bereich der Wissenschaft, wenn auch nicht in denjenigen der fachhistorischen Forschung gehört und daß die gleiche für die Charakterisierung anderer Paradigmen sowie für die Richtigstellung unberechtigter oder überspitzter Vorwürfe zutrifft. Aber es ist nicht unwissenschaftlich, wenn in diesem Zusammenhang auch praktische Postulate formuliert werden. Ich umreiße deren drei:

1. Die "kollektivistische Schuldzuschreibung", welche ein Hauptkennzeichen des Nationalsozialismus war und dessen dauerhafteste – heute primär gegen "Deutschland" gerichtete – Erbschaft ist, muß überwunden werden.

2. Wir sollten die Auffassung hinter uns lassen, daß immer das Gegenteil des vom Nationalsozialismus Erstrebten gut und richtig ist, denn auch eine im Ursprung völlig legitime Feindseligkeit kann innere Abhängigkeit zur Folge haben, und innere Abhängigkeit verschließt alle eigenen Wege.

3. Das geplante Holocaust-Mahnmal in Berlin bedeutet nicht nur die Monumentalisierung, sondern tendenziell auch die Äternisierung der Ein-Seitigkeit, welche der negativ-germanozentrischen Interpretation innewohnt. Niemand hat je behauptet, daß sein Bau auf einer Mehrheitsmeinung der deutschen Nation beruht, er ist vielmehr das Werk einer selbsternannten "wissenden Minderheit". Diese Minderheit hat insofern recht, als in einer Gesellschaft, die sich mehr und mehr als "Spaßgesellschaft" versteht, Stätten eines herausfordernden Ernstes von ganz besonderer, von gegenläufiger Wichtigkeit sind.

Daher ist das Mahnmal nicht bloß aus Gründen der Faktizität zu akzeptieren, denn der Begriff der "Einzigartigkeit des Holocaust" ist legitim, sowenig die damit häufig verknüpfte Einschränkung der Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit Legitimität beanspruchen darf. Niemand kann aber einzelne Deutsche und möglicherweise sogar eine Mehrzahl von nachdenklichen Deutschen und gleichgesinnten Ausländern daran hindern, gerade in dem Bewußtsein, daß eine "totale" Erinnerung ebenso widermenschlich ist wie ein "totales" Vergessen, die einseitige Erinnerung zu erweitern und das Mahnmal so anzusehen, als wäre es "allen Opfern der Ideologiestaaten des 20. Jahrhunderts" gewidmet und nicht zuletzt jenen Opfern, die am meisten vergessen und ohne Freunde sind.

 

Prof. Dr. Ernst Nolte: Der Historiker lehrte von 1965 bis 1973 in Marburg und danach bis zu seiner Emeritierung 1991 an der Freien Universität Berlin Neue Geschichte. 1986 führten die Angriffe gegen ihn wegen eines Aufsatzes in der FAZ ("Vergangenheit, die nicht vergehen will") zum sogenannten Historikerstreit. Am 4. Juni dieses Jahres erhielt er den Konrad-Adenauer-Preis der Deutschland-Stiftung. Die Laudatio hielt der Direktor des Münchner Instituts für Zeitgeschichte, Horst Möller. Seither stehen der Direktor und sein renommiertes Institut selber im Kreuzfeuer der Kritik. In einem Brief warf der Staatsminister für Kultur, Michael Naumann (SPD), Möller vor, sich in "fragwürdige Gesellschaft" gebracht zu haben. Wörtlich schreibt Naumann: "Gewiß sind es die Männer der SS, die zu betrauern auch Ernst Nolte Sie, Herr Möller, auf seine verstockte Art auffordert." Die Dankrede von Ernst Nolte zur Preisverleihung, deren Text wir mit freundlicher Genehmigung der Deutschland-Stiftung übernehmen, wird hier erstmals vollständig dokumentiert.


 
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