© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    31-32/00 28. Juli / 04. August 2000

 
PRO&CONTRA
Sollen Autobahnen privatisiert werden?
Torsten Harzfeld / Dr. Erhard Hörber

Als Autofahrer hat man oft genug am eigenen Leib und Gefährt erfahren, was es heißt, in einem dichtbesiedelten Land mit einem mangelhaft ausgebauten Verkehrsnetz zu leben und zu fahren. Daß gewisse Verkehrsknotenpunkte existieren, nach deren Verkehrsstauungen man die Uhr stellen kann, wird vom Gros der Automobilbenutzer mittlerweile hingenommen. Der Glaube an den abhilfeschaffenden Staat sollte der Erkenntnis weichen, daß die Politik gar nicht in der Lage ist, zur Entlastung der Verkehrswege beizutragen, da anderen - vor allem sozialen - Aufgaben mit den Geldern der Kraftfahrzeugfahrer nachgekommen wird.

Der einzige Ausweg aus dem Dilemma ist eine Privatisierung der Verkehrswege. Private Unternehmen, die unmittelbar auf das Wohlwollen ihrer Kunden angewiesen sind, werden ihren Pflichten betreffend der Instandhaltung und vor allem dem Ausbau der Verkehrswege besser nachkommen. Statt an den Staat bezahlt der Autofahrer nun über Plaketten oder Stationen eine Maut für die Benutzung der Straßen an die Unternehmen. Allerdings könnte durch regelmäßige Ausschreibungen, die Trägerschaft der deutschen Verkehrswege an wechselnde Investoren vergeben werden. Der so entstehende Preisdruck wird sich positiv für den endverbrauchenden Straßenbenutzer auswirken.

Die privaten Unternehmen müßten natürlich für die Übernahme der bis dato der Allgemeinheit gehörenden Straßen angemessene Entschädigungszahlungen an die Staatskasse leisten. So erhält die Politik die Gelegenheit, sich nach neuen Quellen für die Ausbesserung des sozialen Netzes umzusehen und wird - vorerst wenigstens - von uns Autofahrern abgehalten. Die Privatisierung der Bundesautobahnen sollte so schnell wie möglich vollzogen werden. Möglichst noch bevor wir von der nächsten Steuererhöhung heimgesucht werden.

 

Torsten Harzfeld ist Eigentümer einer internationalen Spedition mit Sitz in Luxemburg

 

 

Man kann nicht privatisieren, was dem Autofahrer längst gehört. Von den überaus hohen Verkehrsabgaben wurden die Straßen gebaut und werden sie unterhalten. Wenn Zweidrittel der Verkehrssteuern zweckentfremdet werden, ist dies kein Grund, den Autofahrer erneut zur Kasse zu bitten. Außerdem sind wir der Meinung, daß Straßen- und Schienennetze in die öffentliche Hand gehören. Privatisierung ist kein Allheilmittel. Sie bringt in der Regel nur höhere Kosten für den Endverbraucher.

Die Betreiber von Verkehrsdiensten, die die vorhandenen Netze nutzen, sollten privatisiert werden. So sollten Unternehmen für Transport von Gütern und Personen von der öffentlichen Hand abgekoppelt sein. Dies gilt vor allem für den Schienenverkehr. Nun scheint die öffentliche Hand nicht willens oder in der Lage zu sein, weitere Straßen und Verkehrsobjekte zu bauen. Die Idee, dies privaten Investoren zu überlassen, scheint attraktiv zu sein. Die privaten Betreiber wollen aber nicht nur ihr Geld wiederhaben, sondern auch zusätzlich Geld verdienen. Da die öffentliche Hand auf die Verkehrssteuer angewiesen ist, werden die Kosten steigen. Rein praktische Gründe gegen die Privatisierung: Die Mautstellen kosten Geld und brauchen Platz, der in Deutschland nicht vorhanden ist. Außerdem sind die Straßen in Deutschland derart überlastet, daß selbst ein einzelner Arbeiter, der eine Fuge ausbessert, lange Staus auslöst. Was passiert erst, wenn aufwendige Mautstellen die freie Fahrt versperren?

Eine Vernetzung der Verkehrssysteme und eine Reduktion des Verkehrs durch Verbesserung der Kommunikation müssen geplant werden. Dies kann nur die Gesellschaft, nicht aber private Unternehmen leisten. Eine isolierte Übertragung der Gestaltung des Verkehrswesens an Private ist völlig unsinnig und kostentreibend. Die Privatisierung der Autobahnen ist strikt abzulehnen.

Dr. Erhard Hörber ist Chef der Autofahrer- und Bürgerinteressen Partei Deutschlands


 
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