© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    31-32/00 28. Juli / 04. August 2000

 
Meldungen

Schneckentempo gegen Fast-Food-Kultur

ROM. Mit einer Allianz für die Langsamkeit haben mehr als 30 italienische Städte der Fast-Food-Kultur den Kampf angesagt. Die in Rom gegründete Liga der "Slow Cities" will mit kulinarischen Köstlichkeiten und landestypischen Spezialitäten die gehobene Lebensart fördern. Um in die Liga aufgenommen zu werden, müssen die Mitgliedsstädte zahlreiche Auflagen erfüllen: vom Verbot von Alarmanlagen in Autos über die Förderung ökologischer Landwirtschaft bis hin zur Einrichtung von Zentren, in denen Touristen örtliche Spezialitäten probieren können. Die Einhaltung der Standards soll regelmäßig überprüft werden. Städte, die ihre Langsamkeit ausreichend unter Beweis gestellt haben, dürfen sich mit dem Mitgliedslogo schmücken: einer Schnecke. Die "Slow-Food-Bewegung", die sich der Erhaltung kulinarischer Traditionen verschrieben hat, zählt bereits 40.000 Mitglieder in 35 Ländern.

 

Griefahn fordert Grundsatzurteil

BERLIN. Die Vorsitzende des Kulturausschusses des Bundestags, Monika Griefahn, hat im Streit um Buch-Reimporte ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs gefordert. Die Entscheidung des Berliner Landgerichts zum Lieferboykott des Aufbau-Verlags an Libro sei zwar ein "Etappensieg für das Kulturgut Buch", erklärte die SPD-Politikerin. Es dürfe jedoch nicht sein, daß die noch anstehenden Gerichtsbeschlüsse zu den Reimporten der österreichischen Handelskette Libro dazu führten, daß ein deutscher Verlag nicht, ein anderer dagegen sehr wohl an Libro liefern müsse. "Wir haben im Bundestag eindeutig für den Erhalt der Buchpreisbindung in Deutschland und das Verbot von Reimporten votiert", sagte Griefahn. Libros Buchverkäufe im Internet verstießen gegen das Ende Juni verabschiedete Gesetz. Nach dem Urteil des Berliner Landgerichts darf der Aufbau-Verlag seinen Lieferboykott gegen Libro fortsetzen, weil die Kette über das Internet Bücher mit 20 Prozent Rabatt auch nach Deutschland verkauft. Libro argumentiert, daß die Verkäufe grenzüberschreitend seien und nicht der Preisbindung unterlägen.

 

Literaturkommission nimmt Preis zurück

ZÜRICH. Die Literaturkommission der Stadt Zürich hat den Preis zurückgenommen, mit dem sie 1995 den Autor Benjamin Wilkomirski für sein Buch "Bruchstücke" ausgezeichnet hat. Wie sich nach Recherchen des Schweizer Journalisten Daniel Ganzfried und der englischen Publizistin Elena Lappin sowie des Historikers Stefan Mächler später herausstellte, handelt es sich bei der angeblich autobiographischen Erzählung eines Überlebenden des Holocaust um eine komplette Fälschung. Benjamin Wilkomirski heißt in Wirklichkeit Bruno Doesseker und war nie in einem Konzentrationslager gewesen. Seither ermitteltet die Staatswaltschaft gegen Doesseker wegen Betrugs. Die Züricher Literaturkommission begründete ihre Rücknahme des Preises damit, daß es unzulässig sei, sich im Sinne einer "Wunschidentität" als Opfer des Holocaust darzustellen.

 

"Corpus Christi" wird nicht mehr aufgeführt

HEILBRONN. Das umstrittene Theaterstück "Corpus Christi" wird vorerst nicht mehr aufgeführt. Das berichtete die Berliner Zeitung unter Berufung auf die Deutsche Presseagentur. Kritiker werfen dem Stück des amerikanischen Autors Terrence McNally, in dem Christus und seine Jünger als Homosexuelle und das Abendmahl als Sauf- und Freßorgie dargestellt werden, "Blasphemie" vor, die für Christen nicht zumutbar sei (die JF berichtete). Seit der deutschen Uraufführung am Heilbronner Stadttheater im September vorigen Jahres hatte es zahlreiche Proteste und Demonstrationen gegen das Stück gegeben.


 
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