© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    31-32/00 28. Juli / 04. August 2000

 
Blick in die Medien
Vergessen
Ronald Gläser

Die deutschen Fernsehzuschauer ändern ihre Gewohnheiten und Sympathien immer schneller. Wer heute noch ein Publikumsliebling ist, dessen Name ist morgen schon in Vergessenheit geraten. Regina Zindler, die Maschendrahtzaun-Lady, oder Zlatko, der "Big Brother"-Container-Bewohner, können im wahrsten Sinne des Wortes ein Lied davon singen. Jetzt ergeht es auch der SAT1-Serie "Inselduell" nicht anders. Kaum jemand möchte die Komparsen länger Holz hacken, Echsen jagen oder Moränen fischen sehen. Das Motto "Nur einer kommt durch" scheint sich auf die Einschaltquote zu beziehen. Schon ist die Zahl der Zuschauer um ein Viertel auf weniger als zwei Millionen gesunken. Nur "Big Brother - Das Leben danach" auf RTL2 stößt auf noch weniger Interesse als die Seifenoper von Simbang. Auch das Interesse an "am Leben danach" der auf einer Nachbarinsel gefangenen Renate Wallert tendiert seit ihrer Freilassung gegen Null. Berichteten die Medien anfangs noch täglich über die Geiselnahme von Jolo, so ist das Schicksal der verbliebenen Geiseln jetzt offenbar zu ausgelutscht, als daß es der Quote dienlich sein könnte. Ferner hat die Tatsache, daß ihr geschäftstüchtiger Sohn die Geschichte der Leidgeprüften exklusiv an einen Privatsender verkauft hat, eher für Empörung gesorgt. Selbst die "Bild"-Zeitung hatte nichts mehr über die ehemaligen Malaysia-Touristen zu berichten. Das liegt allerdings auch daran, daß das Bundeskriminalamt Frau Wallert sicherer abschirmt als die philippinischen Rebellen ihren Stützpunkt auf Jolo.


 
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