© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    33/00 11. August 2000

 
Lehrermangel an Berufsschulen

Rosig war ist die Ausbildungssi tuation an den staatlichen Berufschulen noch nie. Nun aber drohen Zustände, die das gesamte System der dualen Berufsausbildung kippen könnten. Im letzten Schuljahr wurden jedem dritten Berufsschüler nur 10 oder weniger Wochenstunden Schulunterricht geboten, statt der bundeseinheitlich festgelegten 12 Wochenstunden. Es hätten noch weit weniger sein können, wenn die Berufsschulen nicht die Klassenstärken angehoben hätten. Hauptursache für den desolaten Zustand ist der eklatante Mangel an Berufsschullehrern. Dabei liegt es nicht einmal an der Unwilligkeit der Kultusminister. Im letzten Jahr wurden 2.400 neue Lehrer eingestellt, etwa 400 mehr als in diesem Jahr das Lehrerexamen absolvierten. Auf 5.800 aber schätzt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung den jährlichen Neubedarf. Nur woher nehmen? Die Ausbildungszahlen der Berufsschullehrer stagnieren seit Jahren.

Die Crux in der staatlichen Berufsausbildung wird besonders deutlich im Bereich der Informationstechnologie. Auf der einen Seite werden die Unternehmen bedrängt, mehr Lehrstellen in diesem Bereich anzubieten, was auch geschieht. Bis zum Jahr 2003 werden die entsprechenden Azubi-Stellen auf etwa 60.000 verdoppelt. Auf der Seite der Berufsschulen werden dagegen die Lehrerstellen nicht ausgeweitet, weil immer weniger Absolventen zur Verfügung stehen. Die Zahl der im IT-nahen Bereich examinierten Berufsschullehrer sank in den letzten vier Jahren von 690 auf 395. Klar, dass junge Leute mit diesen Fähigkeiten lieber in die lukrative Privatwirtschaft wechseln, als ihre Nerven an einer Berufsschule zerreißen zu lassen. Was bleibt, ist das hilflose Bemühen, vorhandene Altlehrer auf die IT-Lehre zu trimmen. Eine andere Lösung böte die Einführung von Berufsschulgebühren – oder der Import von Indern. Bernd-Thomas Ramb


 
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