© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    33/00 11. August 2000

 
WIRTSCHAFT
Wenn Firmen zu groß werden
Bernd-Thomas Ramb

Die Meute der Microsoft-Has ser zählt Legionen. Millionen beurteilen den Reichtum des Firmengründers Bill Gates als "unmoralisch", seine Stellung als reichster Mensch der Welt (einer muß es ja zwangsläufig sein, aber offensichtlich soll nicht ihm diese Rolle zufallen) als Indiz für unrechtmäßig erworbenes Eigentum. Die Dominanz des Computer-Betriebssystems Windows wird als erdrückend gewertet, die dazu passende Anwendungssoftware als ein den Anwender versklavendes Muß empfunden.

Nur recht so, daß US-Gerichte den Microsoft-Konzern nun zerschlagen wollen? Die Zustimmung, die von schlichter Schadenfreude bis zur Zurschaustellung ernsten Verantwortungsgefühls für die Beseitigung einer Wirtschaftsdiktatur reicht, scheint allgemein.

Die marktbeherrschende Stellung von Microsoft ist das Ergebnis einer ebenso visionären wie fleißigen Geschäftstätigkeit. Gates muß einfach, solange ihm keine illegalen Machenschaften nachweisbar sind, als ein besonders hervorragendes Beispiel für innovatives Unternehmertum angesehen werden. Dies hat ihn und seine Freunde und Mitstreiter seit der Jugendzeit unermeßlich reich gemacht. Im übrigen sitzen ihm die ebenso visionären und fleißigen Gleichtuer seit geraumer Zeit im Nacken: etwa die US-Firmen Oracle und Cisco. Die Motive, Microsoft zu zerschlagen, liegen letztlich allein in der Firmengröße begründet. Selbst wenn dies bereits als monopolistische Stellung zu begreifen wäre, entscheidend ist doch, daß niemand prinzipiell daran gehindert wird, Gleiches oder Besseres als Bill Gates zu kreieren. Offensichtlich war dazu bisher keiner fähig. Die Aussicht, im Falle des Erfolgs ebenso zerschlagen zu werden, wirkt aber auch keineswegs motivierend. Wehe dem, der zu großen Erfolg hat.


 
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