© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    34/00 18. August 2000

 
Das Ende der Neuen Weltordnung
USA: Pat Buchanan als Präsidentschaftskandidat nominiert / Reformpartei gespalten
Ronald Gläser

Patrick Buchanan ist am Ziel seines lebenslangen politischen Wirkens angelangt. Bei der Präsidentschaftswahl im November wird er neben George Bush jun. und Albert Gore auf dem Wahlzettel erscheinen. Auf einem von Tumulten begleiteten Wahlkongreß wurde er zum Präsidentschaftskandidaten der Reformpartei, der erfolgreichsten politischen Neugründung seit fast 100 Jahren, gekürt.

Bis zuletzt hatten seine Gegner in der Partei versucht, die Kandidatur des konservativen Kolumnisten zu verhindern. Die Ergebnisse der innerparteilichen Vorwahlen aber wiesen eine Zweidrittelmehrheit für den geborenen Washingtoner aus. Patrick Buchanan hatte 1992 und 1996 vergeblich die Nominierung der Republikaner gesucht, der Partei aber vergangenes Jahr den Rücken gekehrt.

In einem politischen Coup wechselte er zur von Ross Perot ins Leben gerufenen Reformpartei. Diese wurde zu dem Zeitpunkt längst nicht mehr von dem texanischen Milliardär, der schon in der Vergangenheit mit Buchanan zusammengearbeitet hatte, per Knopfdruck regiert. Nach mehreren Wahlerfolgen – etwa in Minnesota – und einer Welle von Eintritten fochten Perot-loyale und unabhängige Fraktionen um die Macht in der Partei. Für Perot kam die unerwartete Rückendeckung durch Buchanan und seine straff organisierte Anhängerschaft also zunächst sehr gelegen.

Buchanan hatte seine Sympathisanten bei den Republikanern in den "Buchanan-Brigaden" zusammengefaßt. Diese Brigaden wurden nun gegen den amtierenden Parteivorsitzenden Russ Verney in die Waagschale geworfen. Er wurde durch den neutralen Gerald Moan ersetzt. Von da an konnte Buchanan seine Kandidatur vorbereiten. Aus Empörung über Buchanan und seine Absicht, als Kandidat ins Rennen ums Weiße Haus zu gehen, verließ auch bald der Gouverneur von Minnesota, der Ex-Catcher Jesse Ventura, die Partei.

Doch die Partei-"Linke" gab den Kampf gegen Buchanan nicht auf und rekrutierte ebenfalls Mitglieder, um den ehemaligen CNN-Kommentator Buchanan um jeden Preis auszuschalten. Unter der Führung des abgesetzten Russ Verney und des Homosexuellen-Aktivisten Jim Magnia organisierte sie den Widerstand gegen den "rechten" Buchanan.

Als Links-Kandidat wurde der Arzt John Hagelin ins Rennen geworfen, der zuvor bei der amerikanischen Naturgesetzpartei war. Zugute kam Hagelin, daß Perot, der sich kaum öffentlich äußert, nun einen übergroßen Einfluß der Buchanan-Gefolgsleute befürchtete. Der als exzentrisch geltende Perot soll daraufhin die Parteilinke im Kampf gegen Buchanan unterstützt haben. Doch der Sieg Buchanans bei den Vorwahlen war nicht mehr zu verhindern.

Eine Woche vor dem Konvent der Partei beriefen die Buchanan-Gegner den Exekutivausschuß der Partei ein, der Buchanan als Kandidaten disqualifizierte. Gleichzeitig wurde die Verschmelzung mit der Naturgesetzpartei beschlossen. Beide Maßnahmen geschahen unter Umgehung der Parteistatute und wurden vom Parteivorstand nicht anerkannt und vom anschließenden Parteikonvent rückgängig gemacht. Die unterlegene Fraktion um Magnia und Verney verließ noch vor diesem Beschluß die Versammlung in Long Beach (Kalifornien) und kürte den unterlegenen Hagelin zum Präsidentschaftskandidaten. Damit ist die Spaltung der Partei vollzogen.

Gleichzeitig entschied sich die Mehrheitsfraktion für Buchanan, der in seiner Rede das Ende der "Neuen Weltordnung" und die Rückkehr zu den christlichen Wurzeln Amerikas ankündigte. In einem klugen Schachzug benannte er anschließend Ezola Foster – eine Schwarze – als Vizepräsidentschaftskandidatin. Die Lehrerin war einst Republikanerin und setzte sich für einen Einwanderungsstopp ein. Sie ist Abtreibungsgegnerin und hat keine Probleme mit der umstrittenen Südstaatenfahne. Die sei ein "Teil der amerikanischen Geschichte."

Der Hauptstreit in der Reformpartei dreht sich um die staatlichen Wahlkampfgelder, die nach dem Abschneiden der Partei 1996 (9,6 Prozent) immerhin 12 Millionen Dollar ausmacht. Das Geld wird dringend für TV-Werbespots benötigt, weil die großen Sender bisher keine Bereitschaft gezeigt haben, neben Gore und Bush weitere Kandidaten zu den Fernsehdiskussionen zuzulassen.

Erschwerend kommt hinzu, daß auch in der amerikanischen Öffentlichkeit die "Schweigespirale" funktioniert. Weil sich kaum jemand offen zu einem rechten Kandidaten wie Buchanan bekennen mag, werden ihm nur winzige Wahlchancen eingeräumt. Das frustriert wiederum seine Anhänger, die am Ende George Bush wählen könnten, um "wenigstens" Al Gore und Joseph Liebermann verhindert zu haben.

Doch die Republikaner stehen mit George Bush ähnlich wie die Merkel-CDU für keine eigenständigen Positionen mehr. Und mit Rücksicht auf die jüdischen Wähler ließ Bush sogar verkünden, er begrüße die Entscheidung seines demokratischen Gegenspielers, den jüdischen Senator Liebermann zum Vize zu ernennen. Das ist einmalig in der Geschichte amerikanischer Parteien. Zudem hat der Parteitag der Republikaner in Philadelphia gezeigt, daß die Partei nur noch um ihrer selbst willen gewählt werden will. Kaum eine Position unterscheidet Bush von jetzigen Amtsinhaber. Ein republikanischer Senator soll über den Konvent gesagt haben, das sei die "größte hedonistische Orgie in der Geschichte der Politik" gewesen. Die zur Schau gestellte Einigkeit sei nur von der KPdSU noch übertroffen worden.


 
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