© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    35/00 25. August 2000

 
PRO&CONTRA
Zwangspfand für Einwegverpackungen?
Günther Guder / Michael Scherer

Die Bepfandung von Einwegverpackungen als Sanktion bei Absinken der Mehrwegquote unter 72 Prozent ist nicht die Erfindung von Jürgen Trittin, sondern wurde 1991 von Klaus Töpfer nach Scheitern einer "freiwilligen Selbstverpflichtung der Getränkeindustrie" mit der Verpackungsverordnung eingeführt. In Discountern werden Getränke in Mehrwegverpackungen meist überhaupt nicht angeboten. Niedrigste Preise sind natürlich ein Kaufanreiz für den Endverbraucher, der aber nur so lange bestehen bleibt, wie die Marktanteils- und Verdrängungsziele nicht erreicht sind.

Die Einführung der Bepfandung von Einwegverpackungen mit 50 Pfennig/Stück hieße erst einmal "Waffengleichheit" im Umgang mit Einweg- oder Mehrweggebinden. Der Handel hätte die von ihm verkauften Einwegdosen und -flaschen zurückzunehmen und wird sich demzufolge überlegen müssen, Einweg ganz auszulisten.

Die große Produktvielfalt aus Brauereien, Mineralbrunnen und Fruchtsaftherstellern ist in Deutschland überwiegend in Mehrweggebinden zu erhalten. Für den Endverbraucher bedeutet dies, daß er die Beträge für das Pfand vorzulegen hätte und sie erst dann zurückerhält, wenn er die Einweggebinde wieder zurückbringt. Für ein Tray mit 24 Bierdosen à 0,5 Liter wären also 12 Mark vorzulegen. Beim Mehrweg-Bierkasten sind es in der Regel nur 6 Mark. Auch würde der bisherige Convenience-vorteil des "Ex und Hopp" beschnitten. Vorteil für die Umwelt: keine Dosen mehr in Wald und Flur. Viele Endverbraucher werden sich daher überlegen, auf Mehrweggebinde umzusteigen, vor allem, weil das Zurückbringen der leeren Einweggebinde wegen fehlender Transportbehältnisse mit Schwierigkeiten verbunden ist.

Alles in allem versprechen wir uns eine Wirkung von der Bepfandung zugunsten der Umwelt und nicht zuletzt auch zugunsten der 250.000 Arbeitsplätze, die die Mehrwegsysteme in Deutschland sichern.

 

Günther Guder ist Vorsitzender des Deutschen Getränkefachgroßhandels e.V. in Düsseldorf

 

 

Die Verhängung eines Zwangspfandes auf Getränke dosen ist kontraproduktiv und ökologisch sowie ökonomisch nicht mehr zu rechtfertigen. Bezogen auf die realen Belastungen der Umwelt sind Getränkeverpackungen inzwischen ein ökologisches Randproblem. Ein Zwangspfand auf Einweg-Getränkeverpackungen würde nach seriösen Prognosen allein Investitionen für die Rücknahmesysteme von mindestens 4 Milliarden Mark verursachen. Dies entspricht einem Aufwand von 17.000 Mark pro Tonne vermiedenen Abfalls, ein krasses Mißverhältnis zwischen Aufwand und Nutzen.

Die geltende Verpackungsverordnung wird fälschlicherweise immer noch als Schutzregelung zugunsten von Mehrwegsystemen verstanden und dabei vergessen, daß der Erlaß vor 10 Jahren bezweckte, den Abfallnotstand in der Bundesrepublik zu beseitigen. Das Abfallvolumen betrug seinerzeit ca.13 Kilogramm pro Kopf und ist seither auf knapp 3,7 Kilogramm zurückgegangen. Möglich war dies durch eine ständige Verbesserung bei der Verpackungsherstellung und -entsorgung, die sich insbesondere im Bereich der Einweg-Verpackungen vollzogen hat, während eine Optimierung der Glasmehrwegverpackungen nicht zu erwarten ist. Die negativen Auswirkungen eines Zwangspfandes lassen sich im übrigen sehr gut am Beispiel Schwedens studieren. Das schwedische Modell hat sich rückblickend als Fiasko für die dort bestehenden Mehrwegsysteme entpuppt.

Statt Regulierung ist nach nunmehr 10 Jahren Verpackungsverordnung eine innovative Verpackungspolitik gefordert, die die weitere Existenz aller Getränkeverpackungen und damit auch der von den Brauereien mehrheitlich verwandten Mehrwegverpackungen sicherstellt und gleichzeitig eine ökologische Verbesserung ermöglicht, die die Summe der insgesamt auftretenden Umweltbelastungen aus Herstellung und Vertrieb von Verpackungen insgesamt reduziert.

 

Michael Scherer ist Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Marke und Verpackung Deutscher Brauereien in Hamburg


 
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