© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    35/00 25. August 2000

 
Lustig ist das Studentenleben . . .
Kino I: "Road Trip" von Todd Phillips
Werner Olles / Claus-M. Wolfschlag

Josh Parker (Breckin Meyer) ist von Kindesbeinen an mit seiner Freun din Tiffany (Rachel Blanchard) verbandelt. Nur schade, daß sie in Austin, Texas, Veterinärmedizin studiert, während er im fernen Atlanta, Georgia, die Ithaca-Universität besucht. So kommt es, wie es kommen muß: Bei einer feucht-fröhlichen College-Party ersteigert Josh die Studentin Beth (Amy Smart), welche schon lange ein Auge auf ihn geworfen hat. Kompliziert wird die Sache jedoch erst, nachdem sein Kumpel Rubin (Paulo Constanzo) das Video mit Joshs wöchentlichen Liebesgrüßen an Tiffany abschickt, nicht ahnend, daß auf dem Band irrtümlicherweise die heiße Liebesnacht von Beth und Josh verewigt ist. Um die Kassette abzufangen, macht sich Josh mit seinen Freunden Rubin, E.L. (Seann William Scott) und Kyle (DJ Qualls) auf den Weg nach Austin. Daß dabei als erstes der Wagen von Kyles Vater (Fred Ward) zu Bruch geht, der extrem schüchterne Kyle endlich seine Unschuld verliert, E.L. die zweifelhaften Wonnen einer Samenbank kennenlernt, und der daheimgebliebene Barry (Tom Green) allerlei Unbill mit einer weiße Mäuse verschmähenden Würgeschlange erlebt, gehört zu den Uberraschungen, die der "Road Trip" des abenteuerlustigen Quartetts mit sich bringt.

Lustig ist das Studentenleben ... Jedenfalls in Todd Phillips turbulenter Teenager-Komödie. In diesem Fest für Freunde des kalauernden Humors kommt alles amerikanisch beschwingt daher. Zahlreiche Klischees werden bedient, ohne kritisch hinterfragt zu werden: Der repressive, aggressiv agierende Vater, das vertrottelte Großelternpaar, die kühl-dominante Krankenschwester, die schnell zu begeisternden Kommilitonen einer afroamerikanischen Studentenverbindung, die liebeshungrigen Mädchen, welche den coolen Jungs bis ans andere Ende des Landes hinterherreisen, um sie endlich ins Bett zu bekommen.

Sicherlich sind die Hauptfiguren überzeichnet und nähern sich manchmal der Karikatur, aber immerhin werden sie nie zu reinen Knallchargen. Am Anfang dümpelt die Handlung etwas vor sich hin und gerät dabei in schwere Humorflauten. Mit fortschreitender Spieldauer dann gelingt es allerdings ganz offensichtlich den gelöst agierenden Darstellern den Unterhaltungsanspruch des Films zu retten, indem sie ihren stereotypen Figuren jene Züge psychologischer Unreife verleihen, die nun einmal für einen soliden Spaß benötigt werden, ohne deshalb in primitive Gaghuberei verfallen zu müssen.

So erscheinen schließlich die männlichen Studenten trotz ihrer Einfalt und Marotten noch als liebenswert und überlegen gegenüber einer anscheinend noch bornierteren Umwelt. Idealisierungen, die eher jugendliche Wunschvorstellungen widerspiegeln, denn ein getreues Bild der Realität. Alles bleibt dabei oberflächlich – das Leben besteht nur aus Genuß und dem großen Spaß, der weder von tiefgehenden seelischen Bindungen noch von größeren inneren Kämpfen beeinträchtigt scheint. Die heißen "Chicks" lauern hinter jeder Seminartür, Trennungen werden zum Kinderspiel.

Überhaupt setzen die Schauspieler, allen voran Tom Green und DJ Qualls, oft den Regisseur matt. Das nimmt "Road Trip" einiges an emotionaler Uberzeugungskraft. Zwar schielt das alles nach dem eher flüchtigen und oberflächlichen Zuschauer – Cineasten dürften die Vorstellung sowieso spätestens nach einer Viertelstunde verlassen haben –, zumal die ständigen videoclipartigen, schnellen Schnitte die intellektuellen und visuellen Defizite des Streifens nur notdürftig verschleiern, aber vor allem verrät es auch einiges über die inszenatorische Unsicherheit des jungen Regisseurs, der bislang nur mit zwei Dokumentarfilmen hervorgetreten ist.

Daß sich sogenannte road movies mit komödiantischem Inhalt und Teenager-College-Komödien dennoch einer geradezu epidemischen Beliebtheit erfreuen, sagt allerdings einiges über das Kino von heute und die Geistesverfassung seiner Zuschauer aus.


 
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