© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    36/00 01. September 2000

 
Kolumne
Machtstrategie
von Klaus Hornung

Auch der politische Gegner sollte es einräumen und – vor allem – erkennen: Die SPD spielt in diesen Sommerwochen ein großes strategisches Spiel zu ihrer Machtbefestigung. Ihr bürgerlicher Widerpart, die Union, hat mit ihren Finanzaffären am Jahresbeginn dazu die Steilvorlage geliefert. Nun soll aus dem Einbruch der Durchbruch werden. Während der Kanzler, der vor zehn Jahren die kommunistische Diktatur am liebsten erhalten hätte, jetzt Sympathietouren durch die neuen Länder absolviert, läuft und läuft gleichzeitig die Kampagne des "Kampfes" gegen Rechts". Die Glatzen und die NPD sind dazu nur noch der Aufhänger. In bester leninistischer Salamitaktik beginnt man die Wurst am "rechten" Zipfel aufzuschneiden, um dann zur Mitte vorzudringen. der eigentliche Feind, die Union, soll durch Ausnutzung ihrer Schwäche und politischen Naivität auf Dauer ausgeschaltet und regierungsunfähig gemacht werden.

Deshalb rücken nun für den politisch Denkenden nicht überraschend – die "nicht-linken" Koch, Rüttgers und Beckstein in der Union ins Fadenkreuz der Kampagne. Der rot-grüne Traum ist eine christlich-fortschrittliche Linkspartei á la Geissler und Süßmuth, deren ideologische und strategische Unerheblichkeit der rot-grünen Volksfront nicht mehr gefährlich werden kann. Nicht zuletzt dient die derzeitige Kampagne "gegen Rechts", von SPD-Generalsekretär Müntefering mustergültig inszeniert und durchgeführt, der Mobilisierung der Medien. Hier läuft das meiste schon – vom Fernsehen bis zu vielen Provinzzeitungen – fast wie auf Knopfdruck. Das braucht umso weniger zu wundern als hier schon lange ganze Kohorten bereit stehen, dem neototalitären Konformismus zu huldigen.

So wird die aktuelle Sommerkampagne "gegen Rechts" zur Halbzeit der Schröder-Regierung nach der Planung der Strategen zum Test und zur Generalprobe für die nächste Bundestagswahl 2002. Die Blaupausen für die Kippung unserer Republik von der freiheitlich-pluralistischen zur "antifaschistisch-demokratischen" Ordnung unseligen Angedenkens liegen bereit. Die Gleichschaltung ist bereits weit fortgeschritten: von den Medien über das Verlagswesen und den Buchhandel bis zu den Kirchen. Und gewisse Führungskräfte der Union sitzen unterdessen dröge und naiv im Sommerloch und meinen, die Welt erst dann wieder richtig verstehen zu können, wenn sie durch rot-grüne Brillen blicken. Sollte das die Reaktion des "bürgerlichen Lagers" bleiben, dann "Gute Nacht!"

 

Prof. Dr. Klaus Hornung lehrte Politikwissenschaften an der Universität Stuttgart-Hohenheim


 
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