© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/00 08. September 2000 |
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Für Belehrungen unzugänglich Deutsche Sprache II: "Sprachpanscher des Jahres" Moritz Schwarz Der Rektor der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität, Andreas Heldrich, ist zum "Sprachpanscher des Jahres" gewählt worden. Wie der "Verein Deutsche Sprache" (VDS) vergangenen Donnerstag mitteilte, habe Heldrich in "besonders augenfälliger Weise die deutsche Sprache und Kultur mißhandelt", weil die Traditions-Universität ihre altehrwürdigen Fakultäten und ehemaligen Fachbereiche in "departments" umbenennt. Der VDS widmet sich dem Kampf gegen die Anglisierung der deutschen Sprache und verleiht seit 1997 seinen Negativ-Preis "Sprachpanscher des Jahres". Damit werden alljährlich Personen des öffentlichen Lebens "bestraft", die sich in besonders schlimmer Weise an der Vermischung des Deutschen mit vornehmlich englischen Modebegriffen beteiligen. Stimmberechtigt bei der Wahl des "Sprachpanschers" waren die etwa zehntausend
Vereinsmitglieder, die sich für einen der Sprachsünder auf der zuvor vom Verein
zusammengestellten Vorschlagsliste entscheiden. Neben Andreas Heldrich fanden sich in
diesem Jahr außerdem auf der Liste: Der CDU-Politiker Jürgen Rüttgers, der im
NRW-Landtagswahlkampf mit "this soap was made today" warb. Jürgen Weber,
Vorstandsvorsitzender der Deutschen Lufthansa, der den Mitarbeiter einer
Tochtergesellschaft abmahnte, weil er im Die Kandidaten Breuer und Weber standen bereits 1999 auf der Liste, doch seitdem habe, so der Verein, die "Mißhandlung der deutschen Sprache" in beiden Firmen eher noch zugenommen. Die Preisträger der vergangenen Jahre waren Modeschöpferin Jil Sander, Telekomchef Ron Sommer und Johannes Ludewig, Chef der Deutschen Bahn, der übrigens als einziger den Preis auch schuldbewußt entgegennahm. Der Vorsitzende des VDS, der Sprachschützer und Mathematikprofessor Walter Krämer, kommentierte die diesjährige Entscheidung für den Münchner Universitäts-Rektor mit dem Hinweis: "Es gibt schlimmere Sprachsünder, vermutlich strafen unsere Mitglieder mit dieser Wahl vor allem die würdelose Anbiederung der deutschen Hochschullandschaft an das amerikanische System, wie sie sich in der massenhaften Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen oder in den modernen Credit-Point-Systemen äußert. Für alle diese Dinge könnte eine selbstbewußte, auf ihre eigenen Stärken bauende Universität problemlos deutsche Wörter finden." Krämer selbst hatte bereits Ende April einen Vortrag im Rahmen einer Ringvorlesung an der Ludwig-Maximilians-Universität in einem offenen Protestbrief an den Rektor unter Verweis auf dessen "Flucht aus der eigenen Sprache" abgesagt. Ob Heldrich nun den Preis auch persönlich entgegennehmen wird, ist noch fraglich. Die JUNGE FREIHEIT sprach mit dem VDS-Vorsitzenden Walter Krämer: Herr Professor Krämer, gibt es schon eine Reaktion Herrn Heldrichs? Krämer: In einer Pressemitteilung der Universität redet sich Professor Heldrich meines Erachtens heraus: Man wolle nicht die Fakultäten, sondern ganz andere Einheiten in "departments" umbenennen. Das ist aber nicht der Punkt. Entscheidend ist, daß an der Universität in München in Zukunft überhaupt etwas unter "department" firmiert. Haben Sie eine andere, vielleicht einsichtsvolle Reaktion erwartet? Krämer: Nein. Wann und wie wird der Preis übergeben? Krämer: Wir haben Herrn Heldrich die Urkunde per Einschreiben geschickt. Wird es also keine persönliche Übergabe der "Trophäe" geben, wie im letzten Jahr an Johannes Ludewig? Krämer: Ich würde gerne zur Preisverleihung nach München fahren. Aber ich glaube nicht, daß Herr Heldrich dazu bereit ist. Ich habe den Eindruck, das Ganze ist ihm peinlich. Welche Reaktion hat die Absage Ihres Gastvortrages an der Ludwig-Maximilians-Universität im April hervorgerufen? Krämer: Gemischte Reaktionen: Einige Kollegen waren ohne Verständnis, andere haben mich zu meiner Entscheidung beglückwünscht. Wichtig aber ist, daß das Signal, das ich geben wollte, angekommen ist. Werden die besonders schlimmen Sprachsünder und Wiederholungstäter Jürgen Weber und Rolf Breuer, die bisher ungeschoren davongekommen sind, im nächsten Jahr wieder auf der Liste stehen? Krämer: Es gibt keine festen Regeln für die Kandidaten-Liste, sondern wir sammeln einfach Vorschläge und die fünf häufigst genannten Sprachsünder kommen dann darauf. Ich glaube auch, die beiden verstehen gar nicht was sie tun, und sind somit Belehrungen relativ unzugänglich. So werden sie wohl Steine das Anstoßes bleiben. Ob sie nochmal auf die Kandidaten-Liste kommen, entscheiden unsere Mitglieder. Wir werden also sehen. |