© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    38/00 15. September 2000

 
Minister in Nöten
Rudolf Scharping: Von einem, der auszog, das Lachen zu lehren
Manuel Ochsenreiter

Wenn alles klappt, dann bekommt wohl die deutsche Politik den nächsten internationalen Slapstick-Preis verliehen. Favoriten sind dabei nicht nur PDS-Abgeordnete, die sich beim Ladendiebstahl oder Benzinklau erwischen lassen, sondern zum Beispiel auch ein Bundespräsident, der über seine Lampe stolpert und mit einer schmissigen Narbe seine Termine wahrnimmt und der wenig später tagelang die Boulevardzeitungen füllt, weil sein Hund entlaufen ist.

Absolute, und für alle fast unerreichbare Spitze ist allerdings Verteidigungsminister Scharping. Selbst ein wodkafreudiger Jelzin verblaßt im Vergleich zu Rudolf S. aus der Pfalz. Die Presse war immer dankbar ob seiner Taten, denn bei ihm kann man sich sicher sein: Rudi läßt uns nicht im Stich.

Am Anfang witzelte man über den damaligen Bartträger nur wegen seiner sehr langsamen Artikulation. Doch der vermeintliche Langweiler trumpfte schnell auf. Im Kanzlerwahlkampf 1994 verwechselte Scharping während eines Interviews Brutto und Netto. Sein Name war daraufhin Rudi-Brutto-Netto-Scharping. Ein abenteuerliches Rechenbeispiel im selben Wahlkampf tat sein übriges dazu. Scharping behauptete tatsächlich, ein mexikanischer Industriearbeiter stehe besser da als sein deutscher Kollege. Dies wurde von Kohl dankbar aufgenommen und der damalige Oppositionsführer wurde kräftig im hohen Haus eingeseift. Sein Name: Rudi-Brutto-Netto-Mexiko-Scharping. Wenig später überschlug sich der Hobby-Radler mit seinem Fahrrad und knallte auf den Hinterkopf. Harald Schmidt & Co. lachten sich scheckig, und Scharping hieß von nun an Rudi-Brutto-Netto-Mexiko-Helm-Scharping.

Als Verteidigungsminister sorgte er für viel Spaß, als seine eigene Flugbereitschaft ihn einfach am Boden vergaß und umkehren mußte. Rudi-Brutto-Netto-Mexiko-Helm-Luftwaffe-Scharping. Ganz nebenbei trennte er sich unter öffentlicher Anteilnahme von seiner Frau zugunsten der Gräfin Kristina Pilati-Borggreve.

Sein letzter Lachmuskelangriff war die Sache mit der Sicherheitsschranke des Pentagon. Sie schnellte unter seiner Limousine hoch und katapultierte den Minister an die Decke. Die B.Z. titelte: "Gott schützt die Liebenden! Scharping dem Tod entronnen!"

Jetzt will er mit seiner Gräfin in den Urlaub fahren. Wir können uns freuen. Rudi-Brutto-Netto-Mexiko-Helm-Luftwaffe-Durchlaucht-Sperre-Scharping wird uns nicht im Stich lassen. Garantiert.


 
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