© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    39/00 22. September 2000

 
Meldungen

Die Elite der Nation tendenziell rechtsextrem

BOCHUM. Das Hochschulmagazin Unicum hält für Strategen der medialen Großoffensiven gegen Rechts eine Tatarenmeldung parat: Fünfzehn Prozent der Studierenden seien rechtsradikal. Diese Angabe basiert auf Erhebungen des Frankfurter Sozialforschers Alex Demirovic, wonach unter den fünfzehn Prozent tendenziell Rechtsextremer "ein Drittel eindeutig deutschnational, fremdenfeindlich bis rassistisch" sei. Unter angehenden Ingenieuren, Juristen und Ökonomen will er sogar ausgemacht haben, daß bis zu 25 Prozent rechtsextrem disponiert seien. "Stabile demokratische Überzeugungen" seien ohnehin nur bei zehn Prozent aller Studierenden feststellbar.

 

Den Einsturz einer Weltordnung verschlafen

HAMBURG. Die alte BRD ist über Nacht in den Status einer abgeschlossenen Epoche eingetreten. Die Folgen, so räsonniert Klaus Naumann ("Die Historisierung der Bonner Republik") in einem Beitrag für Mittelweg 36 (Heft 3/00), hätten Zeithistoriker aber "merkwürdig ungerührt" zur Kenntnis genommen. Der Nationalstaat sei kräftig perforiert, die BRD sehe sich unter Globalisierungsdruck, die historiographischen Prämissen schwänden dahin, aber die Historiker täten so , als gingen sie diese Veränderungen nichts an. Naumann fordert dazu auf, die Geschichte der Bonner Republik aus alten Bezugnahmen auf die NS-Zeit zu lösen und deren Geschichte von den schleichenden Zäsuren her zu schreiben, in denen sich die Berliner Republik konstituiere, d. h. von der absehbaren Auszehrung des wohlfahrtsstaatlichen Systems, der Aushöhlung des Nationalstaates und der Erschöpfung der parteienstaatlichen Integrationskraft.

 

Finanzmärkte: Für Krisen schlecht gerüstet

BONN.Im neuen Heft von Aus Politik und Zeitgeschichte (37-38/00) widmen sich deutsche Wirtschaftswissenschaftler der Frage: Bedroht die Globalisierung die internationale Finanzarchitektur? Peter Nunnenkamp, Leiter der Forschungsgruppe "Internationale Kapitalbewegungen" am Institut für Weltwirtschaft in Kiel,tritt dabei der gängigen These von den "entfesselten" Finanzmärkten entgegen.Das Kapital sei immer noch überraschend wenig mobil. Der Kapitalverkehr finde fast nur zwischen den Industrienationen statt, so daß von "weltumspannenden" Kapitalbewegungen keine Rede sein könne. Das indiziere aber keine höhere Stabilität der Finanzmärkte. Deren Reformierung stehe weiter auf der Agenda. Dafür fehle es jedoch an politischem Konsens, der nicht zuletzt am Widerstand von Interessengruppen wie den internationalen Banken scheitere. Auf die nächste Krise seien die Finanzmärkte daher ähnlich schlecht vorbereitet wie auf die Asienkrise.

 

Arbeitsrecht entscheidet Dresdner Historikerstreit

DRESDEN.Klaus-Dietmar Henkes Arbeit als Direktor des Dresdner Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung endet im Januar 2002. So findet ein Streit zwischen zwei Zeithistorikern ein unerwartetes Ende, der für den Sozialdemokraten Henke so hoffnungsvoll begann. Gelang es ihm, der als Sohn eines Generals der Wehrmacht stets mit dem Vater auch die deutsche Geschichte "bewältigte", anfangs mit Hilfe der einschlägigen Presse, seinen CDU-nahen Stellvertreter Uwe Backes im Streit um die Bewertung des Hitler-Attentäters Georg Elser in die "rechte Ecke" zu bugsieren, schlug das Pendel jetzt gegen ihn zurück. Nicht nur, daß Backes sich mit guten Kontakten zum Verfassungsschutz exkulpierte. Der hochfahrende Henke hatte sich auch Kultusminister Rößler (CDU) zum Feind gemacht, dem es gelang, die Mehrheit des Instituts-Kuratoriums dazu zu bewegen, Henkes Arbeitsvertrag nicht zu verlängern.


 
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