© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    40/00 29. September 2000

 
Kopfnuß für den Minister
Berlin: Scharping scheitert beim Versuch, Republikaner aus der Bundeswehr zu klagen / Prozeßkosten trägt der Steuerzahler
Klaus Kunze

Offiziere und Beamte dürfen von Rechts- und Verfassungs wegen Mitglied der Republikaner sein, das darf inzwischen als gefestigte Rechtsprechung gelten. Gewöhnlich werden behördliche Vorermittlungen schon im Vorfeld eingestellt, manchmal erst im behördlichen Disziplinarverfahren. Zu Verurteilungen kam es nie. In etwa einem Dutzend bekannt gewordener Fälle sprachen Gerichte frei: Das Truppendienstgericht Süd in diesem Sommer Hauptmann Bastl und Stabsfeldwebel Mayer, das Verwaltungsgericht Münster 1999 einen Lateinlehrer, der Hessische Disziplinarhof 1998 einen Regierungsdirektor. Sie alle waren eilfertig verdächtigt worden, ihre Treuepflicht gegen Staat und Verfassung verletzt zu haben.

Sie müssen sich aber schikanieren, herumschubsen und zurücksetzen lassen. Dieses Schicksal teilen sie mit Pädagogen, die in NRW als CDU-Mitglied nicht Schuldirektor werden können und mit allen Parteienstaats-Geschädigten, die trotz hervorragender fachlicher Leistungen keinen gleichen Zugang zu öffentlichen Ämtern bekommen.

Obwohl Art. 33, Abs II, Grundgesetz diesen vorschreibt, dominieren Parteibuchmänner und Quotenfrauen die lukrativen öffentlichen Dienstposten. Wo Republikaner-Beamte sich gerichtlich gegen ihre Diskriminierung wehrten, blieben sie ebenso erfolglos wie SPD-Beamte in Bayern oder CDU-Leute in NRW. So genügte ein Augenblinzeln des MAD, um die Karriere eines Mannes im Bundeswehr-Propagandasender "Radio Andernach" zu beenden. Der SFOR unterstellt und auf Lehrgang in der Heimat, kam das MAD-Fax seiner Beförderung nur um Stunden zuvor: Er sei ein "Rechtsextremist", hieß es lapidar. Das folgerte der MAD aus seiner Parteimitgliedschaft. Auf dem Fuße folgte der Marschbefehl auf einen idyllischen Truppenübungsplatz mit Alpenblick, und weil man dort keinen Hauptmann brauchte, blieb auch die Beförderung aus. Kein Soldat hat aber Anspruch auf einen bestimmten Dienstposten, und ohne Hauptmanns-Dienstposten auch nicht auf Beförderung – so viel zur Theorie über die dienstliche Verwendung nach Leistung und den gleichen Zugang zu öffentlichen Ämtern.

Anders als manche Verwaltungsrichter ließ sich das Truppendienstgericht Süd in Sachen Bastl und Mayer nicht bluffen durch die inquisitorische Gedankenkette der Anschuldigungsschrift: Zwar hätten die Soldaten sich persönlich untadelig verhalten, sie seien aber Mitglieder einer gewissen Partei. Diese verhalte sich zwar auch untadelig, sie habe aber gewisse Mitglieder. Diese verhalten sich zwar ebenfalls untadelig, sie sprechen aber mit dem DVU-Vorsitzenden Frey, so Franz Schönhuber am 22. August 1994: erster Vorwurf der Anklage des Wehrdisziplinaranwaltes vom 29. Dezember 1998! – Das war den Truppenrichtern zuviel, sie bereiteten dem Verteidigungsminister eine "peinliche Niederlage" (Focus ). Doch noch viel peinlicher wäre es für Scharping, wenn alle Welt im Original diese Blüten seiner "Verfassungshüter" vom MAD nachlesen könnte.

Während kein Gericht bisher beurteilen mußte, ob Republikaner verfassungsfeindlich sind, gibt es nach Ansicht einiger Verwaltungsgerichte Anhaltspunkte dafür, die jedenfalls die Beobachtung durch den Verfassungsschutz erlauben. Selbst die VS-Behörden zweifeln nicht, daß das Programm und der Bundesvorsitzende verfassungstreu sind – aber wenn da irgendwo in Vorpommern die NPD einen Kranz niederlegt und ein Republikaner dabeisteht, sind das gewichtige Anhaltspunkte für eine "Zusammenarbeit von Rechtsextremisten". Und dann wird eben ein untadeliger Oberleutnant in Koblenz nicht Hauptmann oder 1998 ein hervorragender Kriminalhauptmeister nicht Kommissar.

Ist das Vorgehen gegen beamtete Republikaner auch rechtswidrig, so hat es doch Methode: Flächendeckend wurde das Ziel erreicht, vorsichtige Naturen wie Beamte zur Rückgabe ihres Parteibuchs zu pressen: Auch die Offiziere Bastl und Mayer waren aufgefordert worden, binnen drei Wochen auszutreten, sonst hätten sie mit einem Disziplinarverfahren zu rechnen. Da Offiziere anscheinend von Berufs wegen mutig sind, nahmen sie es auf sich – und gewannen. Doch die seltenen zivilcouragierten und am Ende siegreichen Beamten wiegen nicht den politischen Effekt auf, einer Partei die Beamten und damit ein wesentliches Mitgliederpotential zu entziehen.

Ungeteilten Grund zur Freude haben selbst die Soldaten nicht, denen kein dienstrechtliches Vergehen angelastet werden konnte: Beschimpfen und entehren lassen müssen sie sich gleichwohl: 1997 sprach der Kommandeur der Kyffhäuser-Kaserne in Bad Frankenhausen einem Teilnehmer des Unteroffizier-Lehrgang fehlende "absolute charakterliche Integrität ab". Er hatte das falsche Parteibuch. Einem Major wurde 1997 die als Voraussetzung für qualifizierte dienstliche Verwendung nötige Sicherheitsstufe entzogen – falsches Parteibuch. Der Oberleutnant bei der SFOR durfte nicht mehr als Fahnenbegleitoffizier auftreten: Das wäre zuviel Ehre für ein Mitglied einer kritischen Partei in einem Staate, der als demokratischer Rechtsstaat begann und hoffentlich nicht als Weltanschauungs- und Parteienstaat enden wird.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen