© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    41/00 06. Oktober 2000

 
Meldungen

Ex-Bürgerrechtler gegen NPD-Verbot

LEIPZIG. Gegen ein Verbot der NPD hat sich der frühere DDR-Bürgerrechtler und jetzige Vizepräsident der Berliner Humboldt-Universität, Richard Schröder, ausgesprochen. 80 Prozent der rechten Gewalttäter gehörten nämlich gar keiner Organisation an, sagte das SPD-Mitglied in Leipzig auf dem 63. Deutschen Juristentag. Das Parteienverbot als schärfste Waffe der Demokratie dürfe ebenso wenig locker sitzen wie die Pistole eines Polizisten. Ein Verbot solle verfassungsfeindliche Parteien durch ein Wahlbeteiligungsverbot von der Macht fern halten. Die rechtsradikalen Parteien hätten aber keine demokratiegefährdenden Wahlerfolge. Der Berliner Wissenschftler erinnerte daran, daß die rechtsradikalen Parteien aus "dem Westen" kämen und daß es bis 1998 "nur dort rechtsradikale Abgeordnete" gegeben hätte. Schröder warnte vor "Skinhead"-Musik, denn die verbreite "rechtsradikales Gedankengut viel stärker als die Propaganda der entsprechenden Parteien".

 

Kohls Rundumschlag gegen Rot-Grün

BERLIN. Altkanzler Helmut Kohl hat zum zehnten Jahrestag der deutschen Einheit die Bundesregierung scharf attackiert. Vor dem Hintergrund seiner Spendenaffäre verbat er sich Ratschläge zur Verfassungstreue. Kohl sagte vergangenen Mittwoch bei einer Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung, "weite Teile der politischen Linken" hätten damals das in der Verfassung verankerte Ziel bereits aufgegeben, die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden. Manche hätten dieses Ziel verraten. Der jetzige Bundeskanzler Gerhard Schröder habe noch fünf Monate vor dem Fall der Mauer gesagt, die Chance einer Wiedervereinigung gebe es nicht. Der jetzige Außenminister Joseph Fischer habe die Idee der deutschen Einheit damals eine "gefährliche Illusion" genannt, sagte Kohl und sprach von einer "bitteren Entwicklung". Er erklärte, jetzt werde versucht, die Geschichte umzuformulieren. Das dürfe aber nicht zugelassen werden. Kohl sagte, niemand habe gewußt, wann die deutsche Einheit kommen würde: "Aber ich war immer überzeugt, daß sie kommen wird. Die deutsche Einheit war kein zufälliges Ereignis, sondern Ergebnis einer langfristig angelegten Politik." Für Kohl war dies der erste öffentliche Auftritt in Deutschland seit Monaten.

 

Österreich-Boykott bei offizieller Einheitsfeier

WIEN/DRESDEN. Anläßlich des Tages der deutschen Einheit kritisierte der Landesvorsitzende der sächsischen FDP, Holger Zastrow, daß zur offiziellen Einheitsfeier in Dresden weder der österreichische Bundespräsident Thomas Klestil noch ein Regierungsmitglied eingeladen wurde. "Wer Österreich nicht einlädt, spaltet Europa", erklärte Zastrow der Wiener Presse. Auch Österreichs Botschafter in Berlin, Markus Lutterotti, der Wien in Dresden allein vertreten muß, reagierte mit "Erstaunen" auf die Nicht-Einladung. Der französische Präsident Jacques Chirac –Befürworter der EU-14-Sanktionen – durfte hingegen eine Rede bei der Feier in Dresden halten.


 
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