© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    41/00 06. Oktober 2000

 
Meldungen

Nur Israel beharrt auf Österreich-Boykott

WIEN/PARIS. Fast alle Staaten, die, wie die EU-14, Sanktionen gegen Österreich verhängt hatten, haben diese mittlerweile wieder aufgehoben. Nur Israel beharre noch auf Sanktionen, teilte der Wiener Außenamts-Sprecher Walter Greinert mit. Die tschechische Regierung unter dem sozialdemokratischen Premier Milos Zeman, die sozialdemokratische Minderheitsregierung von Norwegen und Kanada beendeten ihren Boykott unmittelbar nach den EU-14. Kanadas Außenminister Lloyd Axworthy erklärte dazu, er habe in den vergangenen Monaten das Verhalten der österreichischen Regierung sehr genau beobachtet und auch den Weisenbericht gelesen. Argentinien hob seine Maßnahmen gegen Österreich laut Greinert bereits vor den EU-14 wieder auf. Costa Ricas Regierung beschloß erst vergangene Woche, die "politischen Beziehungen" zu Österreich wiederherzustellen. Ansonsten hatte sich "kein afrikanisches, kein asiatisches und kein ozeanisches Land" den Sanktionen angeschlossen, berichtete Greinert. Auch Rußland hatte die Sanktionen nie gutgeheißen und sich nicht daran beteiligt. "Rußland achtet den Willen der österreichischen Wähler", erklärte dazu ein Sprecher des Moskauer Außenministeriums, man wolle den "Dialog mit Österreich" ausbauen. Die Aufhebung des Boykotts sei ein "positiver Schritt". Für seine Unterstützung Österreichs hat Außenministerin Benita Ferrero-Waldner vergangenen Freitag in Wien dem ehemaligen französischen Präsidenten Valéry Giscard d’Estaing persönlich gedankt. Dieser habe während des politischen Boykotts "im Hintergrund seine Freundschaft zu Österreich bewiesen".

FPÖ-Spitzenpolitiker für EU-Erweiterung

WIEN. Nationalratspräsident Thomas Prinzhorn (FPÖ) hat gegenüber der Wiener Presse für die EU-Erweiterung ausgesprochen: "Die Migration wird sich beim Beitritt der ersten sechs Kandidaten aufgrund der positiven Industrieentwicklung in Grenzen halten. Solange es Frieden gegeben hat, war Europa noch nie ein Kontinent großer Migrationen." Die Entwicklung in jenen Ländern, die für die erste Beitrittswelle in Frage kämen, sei zudem gut: "Die Industrie wächst dort derzeit um 10 bis 20 Prozent pro Jahr, wobei freilich die Euro-Entwicklung eine dramatische Verunsicherung bedeutet." Prinzhorn meinte, wenn die Freizügigkeit für Arbeitskräfte schrittweise hergestellt werde, werde sich dies in etwa mit der Zahl der wirklich Wanderungswilligen treffen. Die Benes- und Avnoj-Dekrete (mit denen die Deutschen vertrieben worden sind) müßten jedoch "im Rahmen der Minderheiten- und Menschenrechtspolitik auf Grund des Gleichheitsgrundsatzes immer angesprochen werden", so Prinzhorn.

Francesco Rutelli tritt gegen Berlusconi an

ROM. Roms Bürgermeister Francesco Rutelli wird bei den kommenden italienischen Parlamentswahlen als Spitzenkandidat des regierenden Links-Blocks "Ulivo" ins Rennen gehen. Kommenden April geht die derzeitige Legislaturperiode in Italien zu Ende. Der Ulivo-Kandidat ist 46 Jahre alt und Berufspolitiker. Die Ausbildung des aus sehr wohlhabenden Verhältnissen stammenden Rutelli ist mäßig – er hat es nur bis zum Abitur geschafft. Dafür ist er politisch versiert: Mit 18 Jahren trat er der "Radikalen Partei" bei, mit 27 wurde er deren Chef; mit 33 Jahren wurde er ins Parlament gewählt, mit 39 wurde er das erste Mal Bürgermeister von Rom. Vier Jahre später gelang ihm das schwierige Unterfangen, in der traditionell konservativen Hauptstadt den Bürgermeistersessel zu behalten. Unterstützt wurde er dabei auch von einem Teil der römischen Aristokratie und von der Kirche. Von den "Radikalen" wechselte Rutelli zu den Grünen und landete schließlich bei den "Demokraten", jener Partei, die der EU-Chef Romano Prodi gegründet hatte.


 
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