© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    42/00 13. Oktober 2000

 
Kolumne
Begriffshoheit
von Klaus Hornung

Die (extreme) Linke war schon immer Meister im Besetzen der Begriffe und damit der Köpfe – beginnend mit Marx und Lenin. Der rot-grüne Block in Deutschland und seine willigen Helfer in den Medien haben diese Tradition seit Jahren erfolgreich fortgesetzt. Es ist ihnen gelungen, den eigenen politischen Standpunkt und Willen als den allein "demokratischen" auszugeben und die Gegner mit den Begriffs-Keulen "Faschismus", "Rassismus", "Fremdenfeindlichkeit" etc. zu belegen und damit a priori aus dem politischen Diskurs auszuschalten. Wer heute bei der Ausländer- und Asylpolitik anderer Meinung ist, wer dem EU-Europa als dem Europa der Konzerne und Banken mißtraut, wird automatisch als "undemokratisch", "rechtsextrem" usw.usf. diffamiert und gerät in den Ruch des Verfassungsfeindes. Der Linksfaschismus marschiert im Gewand der antifaschistischen Demokratie.

Nun gab es in der Rechtsextremismus-Debatte des Bundestages einige Lichtblicke. Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Bosbach, wandte sich dagegen, jedes Nachdenken über Zuwanderungspolitik und Orientierung an deutschen Interessen als "fremdenfeindlich" und "rassistisch" zu denunzieren, anstatt ohne Tabus darüber zu reden, wie es einer freiheitlichen Demokratie angemessen wäre. Und der altersweise werdende Innenminister Schily sprach sich dafür aus, daß man gegen die "doppelte Staatsbürgerschaft" argumentieren können sollte, ohne in den Verdacht der Ausländerfeindlichkeit zu geraten. Man kann nur sagen: "Spät kommt Ihr, doch Ihr kommt und Euer Wort in des Verfassungsschutzes Ohr."

Natürlich konnte die Sprecherin der Grünen, Müller, auch jetzt von der hier verbreiteten Semantik und Begriffs-Strategie nicht lassen. Als Vertreterin einer historisch-politisch verkorksten Generation ist sie dafür, zum Beispiel Einwanderungs- und Flüchtlingsfragen zu tabuisieren, politische Schicksalsfragen aus dem öffentlichen Diskurs einfach auszuklammern, also den Menschen vormundschaftlich einen Maulkorb zu verpassen, sie der Schweigespirale zu unterwerfen. Es kennzeichnet den tiefgreifenden Erfolg dieser Begriffs-Strategie, daß sich im Hohen Haus darüber kein Schrei des Protestes erhob. Die Volksvertretung überließ die Antwort lediglich den maßvollen Einwänden der beiden Genannten.Des Kaisers neue Kleider werden eben stets nicht oder zu spät erkannt. Die Demokratie-Gegner finden sich heute nicht in der rechten Mitte, sondern bei moralisch und politisch Überheblichen wie Frau Müller. Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, daß sie damit nicht durchkommen. "No passaran!"

 

Prof. Dr. Klaus Hornung lehrte Politikwissenschaft an der Universität Stuttgart-Hohenheim.


 
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