© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    42/00 13. Oktober 2000

 
Allein gegen alle erfolgreich
Belgien: Der Vlaams Blok geht gestärkt aus den Kommunalwahlen hervor
Mina Buts

Die in Belgien geltende Wahlpflicht, so mutmaßte die flämische Zeitung De Morgen am Tag nach den Kommunalwahlen, könnte daran schuld sein, daß der rechte Vlaams Blok erneut als Sieger dasteht. Unzufriedene, mißmutige Flamen müßten sich gegen ihren Willen zur Wahlurne schleppen, um dann doch nur Rechts zu wählen. Und ausgerechnet die "Allochthonen", die im Land lebenden Immigranten aus Marokko und anderen Ländern der Erde, die wohl einer der Gründe für den Mißmut sind, hätten nicht das Recht zur Stimmabgabe.

Ratlosigkeit ist die vorherrschende Stimmung nach der Wahl. Die "lila-grüne" Koalition aus Sozialisten, Grünen und Liberalen, die erst seit Sommer 1999 an der Regierung ist und mit dem Anspruch angetreten war, das krisengeschüttelte Ländchen innenpolitisch wieder zu beruhigen und längst überfällige Reformen anzustoßen, erhielt in den Wahlen nicht die erhoffte Popularitätsbekundung. Die Grünen und Sozialisten stagnierten, einzig die Liberalen, volkstümlicher geprägt als bei uns, konnten sich über Stimmengewinne freuen.

Von den Oppositionsparteien hat die Volksunie, die bis in die achtziger Jahre hinein als die flämisch-nationale Partei galt und sich unter Bert Anciaux gerade erneuert hat, nur noch mikroskopischen Umfang. Die Christdemokraten mußten immerhin nicht den vorhergesagten Absturz ins politische Niemandsland erleben.

Einziger unbestrittener Wahlsieger ist der Vlaams Blok. Sowohl der belgische Premierminister Guy Verhofstadt als auch die Antwerpener Ratskoalition, die in den vergangenen sechs Jahren gegen eine Stimmenmehrheit dieser Rechtspartei regierte, wollten den Erfolg ihrer Politik an der Zurückdrängung dieser Partei gemessen wissen. Der erneute Stimmenzuwachs der Rechten wird vor allem deshalb als dramatisch empfunden, weil alle Mittel zur Bekämpfung wirkungslos geblieben sind. Jahrelang wurde der Vlaams Blok durch einen sehr starken Cordon sanitaire von jeder politischen Mitarbeit ferngehalten und jede positive Berichterstattung über ihn unterbunden.

Dennoch gelang es bei der Kommunalwahl, in vier Städten – darunter Antwerpen, der zweitgrößten Stadt des Königreiches, wo die Partei 33 Prozent erzielte, und Mechelen mit 25,6 Prozent – die Mehrheit zu erzielen. Die Zustimmung wuchs gleichmäßig in ganz Flandern, in Ballungszentren ebenso wie in ländlichen Gemeinden; die Wähler rekrutieren sich nicht nur aus sozialen Unterschichten, sondern auch aus dem Bürger- und Beamtentum.

In Antwerpen, der traditionellen Hochburg der Partei, wählte jeder Dritte rechts, der Vlaams Blok legte fünf Prozent gegenüber der Wahl von 1994 zu. Erst mit großem Abstand und unter 20 Prozent folgen die Sozialisten. Vermutlich wird auch dieser immense Vorsprung der Partei keine Regierungsbeteiligung bescheren. Wie in der Vergangenheit wollen sich erneut alle "demokratischen" Parteien im Rat gegen Rechts zusammenschließen. Es werden aber auch Stimmen laut, die den Nutzen dieser Strategie bezweifeln.

Längst werden in der ausländischen Presse, aber auch innerhalb des Vlaams Blok Parallelen zur Freiheitlichen Partei Österreichen gesehen. Vor allem in Fragen der Ethik, der Sicherheit und der Ausländerpolitik, so der Parteivorsitzende Frank Vanhecke, ähnelten sich die Positionen.

Der Antwerpener Spitzenkandidat Filip Dewinter wird bereits als der "flämische Haider" gehandelt. Obwohl nur Lokalpolitiker, gilt er mittlerweile als der wichtigste Kopf der Partei. Der 37 Jahre alte Vater dreier Töchter wurde 1987 mit 25 Jahren der jüngste Abgeordnete in der Geschichte Belgiens und führte seitdem den Vlaams Blok in Antwerpen spektakulär von Überraschungssieg zu Überraschungssieg.


 
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