© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    43/00 20. Oktober 2000


Im Konsens aufgegangen
von Alexander Schmidt

Zur Zeit entsteht der Anschein, daß mögliche Wahlkampfthemen erst durch den Regierungssprecher Uwe-Carsten Heye enttabuisiert werden müssen, bevor auf diese zurückgegriffen werden darf. Die Bundesregierung möchte der Union, wenn es denn möglich wäre, verbieten, sich im kommenden Wahlkampf zu Themen der Ausländerpolitik, der Ökosteuer und fast allen anderen Dingen, mit denen in der Bevölkerung gepunktet werden kann, zu äußern.

Die Union wird in ihrer Entscheidung, einen Schwerpunkt im Wahlkampf zu setzten, von den bestehenden Tabus und Denkverboten in einem gewissen Maße beeinflußt werden. Roland Koch wird kein zweites Mal Stände auf Marktplätzen errichten, an denen man gegen den Doppelpaß unterschreiben kann. Ebensowenig ist es die Art und Weise der nach außen eher zurückhaltenden Angela Merkel, mit Donnerwettern über die Ausländerpolitik der Bundesregierung herzuziehen. Es ist vielmehr abzusehen, daß die Union einen Wechselkurs zwischen Themen, die eine Emotionalisierung beinhalten, und trockenen Sachthemen auf der anderen Seite fahren wird. Damit kann sie sich aus dem Schwungbereich der Faschismuskeule herausbewegen und die Anschuldigungen, fremdenfeindliche Ressentiments nutzen zu wollen, entkräften. Auf der anderen Seite wird es jedoch möglich, Sorgen und Ängste in der Bevölkerung bei den eben genannten Themen aufzugreifen. Die wirklich schöne Zeit der konturierten Auseinandersetzungen, wie es sie zwischen einem Strauß und Wehner gab, ist vorbei. Sie ist sozusagen im Konsens aufgegangen.


 
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