© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    43/00 20. Oktober 2000

 
WIRTSCHAFT
Globale Brechstange der Tabakgegner
Bernd-Thomas Ramb

Sechs Billionen Zigaretten werden täglich geraucht. An den Folgen sterben jährlich vier Millionen Menschen. Relativ gesehen eine kleine Prozentzahl der Raucher, für die Weltgesundheitsorganisation WHO aber ein weltweites Alarmsignal und Anlaß, eine internationale Konvention über globale Regeln der Tabakkontrolle anzustreben. Anläßlich einer öffentlichen Anhörung in Genf konnte auch die Tabakindustrie dazu Stellung beziehen. Nach der äußerst aggressiven Vorgehensweise der WHO gegenüber der Tabakindustrie waren harte Auseinandersetzungen zu befürchten. Wer beispielsweise die Internetseite der WHO ( www.who.int ) anklickt, wird mit einem dem "Marlboro-Cowboy" nachgeäfften Plakat empfangen, auf dem der eine Reiter dem anderen eingesteht: "Bob, ich habe Krebs".

Die beiden größten westlichen Tabakkonzerne, Philip Morris und British American Tobacco (BAT), agieren jedoch keinesfalls empört gegen solch geschäftsschädigendes Ansinnen. Auch sie wollen eine Regelung des Tabakkonsums, jedoch nicht aus Furcht, ihre Kundschaft durch Krankheit und Tod oder allein die Angst davor zu verlieren, erfahrungsgemäß kaum Argumente, mit dem Rauchen aufzuhören. Die Tabakindustrie befürchtet die Gefahr einer weltweit eingeschränkten Tabak-Werbung. Sie moniert vor allem den globalen Ansatz der WHO und fordert die Beibehaltung der nationalen Kompetenz in dieser Frage. Damit wird ein möglicherweise entscheidender Schwachpunkt der WHO-Initiative aufgedeckt. Nachdem ein EU-weites Werbeverbot vor kurzem am Einspruch des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) scheiterte, kann das Begehren der Tabakgegner jetzt leicht als Versuch interpretiert werden, das EuGH-Urteil mit der internationalen Brechstange aufhebeln zu wollen.


 
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