© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    43/00 20. Oktober 2000

 
Zeitschriftenkritik: Konkret
Dem Volk aufs Maul hauen
Philip Plickert

Die Selbsteinschätzung von Konkret ist grotesk: Sie sei "die einzige linke Publikumszeitschrift Deutschlands", meint Herausgeber Hermann L. Gremliza. Dabei gibt es gut ein Dutzend ähnlicher kommunistisch-sektiererischer Hefte an den Kiosken zu kaufen. Seit 1957, dem Gründungsjahr, sind Fehleinschätzungen und ideologische Verbohrtheit die Markenzeichen von Konkret. Zunächst hatten die DKP-nahen Studenten einigen Erfolg, nicht zuletzt dank finanzieller Hilfe aus der DDR.

"Bekannteste Kolumnistin und Chefredakteurin von Konkret in den Jahren um 1968 war Ulrike Meinhof", heißt es beim Verlag. Völlig vergessen, daß es ein gewisser Klaus-Rainer Röhl war, dem mit einer bunten Mischung aus Ideologie und Porno eine Steigerung der Auflage bis in die Hunderttausend gelang? Die Beiträge seiner damalige Ehefrau trieften von wildem Haß, aber offenbar sind die Konkret-Macher noch heute stolz auf die spätere Brandstifterin und Mörderin.

Viele intellektuelle Säulenheilige der BRD gehörten zu den Autoren von Konkret in den Jahren nach 1968: Abendroth, Adorno, Anders, Andersch, Beauvoir, Böll, Enzensberger, Marcuse, Reemtsma, Roth, Rowohlt, Sartre, Schily, Seghers, um nur ein paar zu nennen. Heute ist es eher die zweite und dritte Garnitur, die für Konkret zur Feder greift. Ein Hauptthema ist natürlich der unvermeidliche "Antifaschismus", nach dem katastrophalen Scheitern des Sozialismus das "letzte Aufgebot der Linken" (Knütter). Ein Alfred Schobert vom "DISS" verschießt seine Pfeile gegen Konservative, ein "Jean Cremet" verbreitet seine Theorien einer großen rechten Verschwörung, und "Anton Maegerle" denunziert alles rechts der PDS als "faschistoid".

Die in Konkret geäußerten Ansichten sind Paradebeispiele für spezifisch deutschen Selbsthaß. Man fühlt sich unwohl in seiner Haut, gehört ja schließlich zum "Volk der Täter". Ein Dilemma bleibt die Frage nach der Demokratie: Wenn die Deutschen sich ein für allemal als Nazis disqualifiziert haben, wie kann es verantwortlich seien, sie in einer Demokratie ihr Schicksal wieder selbst bestimmen zu lassen? Gremliza traut sich nicht, offen eine Diktatur der Gutmenschen zu propagieren. Er empfiehlt der Linken aber, dem Volk, statt aufs Maul zu schauen, lieber zu hauen, ein nettes linkes Wortspiel, nicht wahr? Die frustrierten Altkommunisten haben eine Überwindung der deutschen Teilung nie gewollt. Wer will sich denn aus der "gerechten Strafe" mogeln? Man ist den DDR-Bürgern richtig böse, daß sie mit SED & Stasi nicht so prima konnten wie die Westlinken selbst. Dafür gibt’s jetzt Haue.

Zum 10. Jahrestag der Deutschen Einheit zeigt Konkret auf dem Titel ein janusköpfiges Deutschland: vorne Schröder, hinten ein grölender Skin. Dies sei "der Preis der Einheit", schreibt Gremliza im Editorial. Er ignoriert, daß es Rassismus in anderen Ländern ebenso gibt. Dann geifert Gremliza gegen die weniger verstockten Linken, die inzwischen wenn schon keinen Frieden, so doch Waffenruhe mit Deutschland geschlossen haben: "Der eigentliche Mob des Landes sind heute seine Intellektuellen." Konkret, das Fossil der deutschen Linken, hat außer Ressentiments und Verbitterung nichts mehr zu bieten. Philip Plickert

"Konkret" erscheint monatlich und ist über KVV, Ruhrstraße 111, 22761 Hamburg, zu beziehen. Das Einzelheft kostet 8 DM.


 
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