© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    44/00 27. Oktober 2000

 
Schwarzes Wechselspiel
von Alexander Schmidt

In der Union scheint der interne Richtungsstreit vorerst entschieden: Der liberale Generalsekretär Ruprecht Polenz hat abgedankt. Vorausgegangen war die Entscheidung des Präsidiums, sich im kommenden Bundestagswahlkampf voraussichtlich mit den Themen Zuwanderung und Asylrecht auseinanderzusetzen. Da Polenz jedoch genau wie die Parteivorsitzende Merkel für eine Linie der sanften Worte steht, hat er sich der herrschenden Meinung gebeugt, daß einer ruhigen Parteichefin ein wadenbeißiger PR-Mann zur Seite stehen müsse.

Der Rücktritt macht jedoch eine deutliche Schwächung Merkels offenkundig, die mit ihrem Schmusekurs gescheitert zu sein scheint. Nach einer bröckelnden Bastion der Merz-Getreuen geht dieser gestärkt aus dem Streit hervor. Merz nämlich war es, der nach langer Zeit wieder eine deutsche Leitkultur auf die Agenda warf und mit der Ausländerpolitik in den Wahlkampf ziehen wollte. Unterstützung erhielt Merz nicht zuletzt aus dem nordrhein-westfälischen Landtag von Laurenz Meyer. Daß Laurenz Meyer, der NRW-Landtagsvize ist, jetzt neuer Generalsekretär werden soll, ist an symbolischem Wert kaum zu überbieten, zudem Merz und Meyer beide demselben Landesverband angehören. Meyer war es auch, der mit Jürgen Rüttgers im vergangenen Landtagswahlkampf die Einwanderung thematisierte. Eine letztgültige Richtungsentscheidung ist damit jedoch nicht verbunden, obwohl der liberale Polenz gescheitert ist. Von Rüttgers‘ Kampagne ist nur das Medienecho geblieben, Konzepte blieben auf der Strecke. Diese Gefahr droht auch der Kombo Merz/Meyer.


 
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