© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    45/00 03. November 2000


Schwarze Listen
von Ivan Denes

Peter Struck, der SPD-Fraktionschef im Bundestag, war als eher besonnener Mann bekannt. Nun scheint er vollends in den Sog der "political correctness" geraten zu sein. Im Windschatten von Michel Friedmann forderte er in der vergangenen Woche die Anprangerung jener Firmen, die keinen Zwangsarbeiter-Beitrag geleistet haben.

Wie offenbar abgekartet: schon einen Tag später sind das ARD-Magazin Kontraste und die Berliner taz seiner Aufforderung nachgekommen. Nur, siehe da, auf der "schwarzen Liste der Drückeberger" (Originalton taz: "Das Who’s who der Schamlosen") stehen nicht jene zahlungsunwilligen Unternehmen, die Zwangsarbeiter eingesetzt haben, sondern die Unternehmen, deren Umsatz die Milliardenschwelle übersteigt. Und somit wurde der Auseinandersetzung eine eindeutige, der Wohlstandsgesellschaft angemessene klassenkämpferische Wende gegeben. Dabei ist in Insiderkreisen längst bekannt, daß der BDI in aller Stille sich vorbereitet, die bestehende Finanzlücke aus dem diskreten "Streikfonds" des Dachverbandes zu füllen.

Was jedoch Friedmann, Struck, die taz und all ihre Gesinnungsgenossen nicht anerkennen wollen: zivilrechtliche Forderungen sind nach 55 Jahren moralisch unvertretbar, schamlos. Das haben offenbar die mehr als 215.000 deutsche Unternehmen erkannt, die mit Schnorrerbriefen angeschrieben wurden, aber sich nicht zahlungsbereit gezeigt haben. Sie verkörpern die deutsche Wirtschaft ebenso wie die "großen 16" Initiatoren der Stiftung, die ja auch nur ihre Wirtschaftsinteressen in den USA vor dem Zugriff des WJC sichern wollen.


 
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