© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    46/00 10. November 2000

 
Reisebüro Ziel
von Steffen Königer

Viele Plakate hingen bei der Landtagswahl 1999 in Brandenburg. Darunter waren auch einige von der CDU mit der Losung "Reisebüro Bräutigam schließen". Ein Foto mit einem Bettlaken war abgebildet, an dem sich der Mörder des Geltower Matthias Hintze, der Russe Sergej Serow, im November 1998 abgeseilt hatte – möglich geworden nicht zuletzt durch die lockere Handhabung des Vollzuges durch den damaligen Justizminister Otto Bräutigam.

Zwei Jahre später hat es die CDU dennoch nicht vermocht, als nun mitregierende Partei solchen Ausbrüchen ein Ende zu setzen. Frank Schmökel hat es wieder geschafft, sich der Strafe oder vielmehr seiner "Heilung" durch Flucht zu entziehen. Dies wurde ihm durch die Politik nicht wesentlich erschwert. Auf der Flucht tötete Schmökel einen Rentner. Die Bewacher wurden ad hoc gefeuert, ein Staatssekretär mußte seinen Hut nehmen, und schon ging man wieder zur Tagesordnung über. Die Handlungsweise des jetzigen brandenburgischen Sozialministers Alwin Ziel erinnert auffällig an das Verhalten Bräutigams, der nach jeder Flucht eines Sträflings ebenfalls nicht die politische Verantwortung übernehmen wollte. Niemand, auch in der CDU keiner, stellt nun die Forderung nach einem Rücktritt dieses Ministers, der für die Politik des "sozialen" Strafvollzugs verantwortlich ist und sich lieber von Psychologen erklären läßt, wann man einem Vergewaltiger und Mörder Freigang gewähren kann, anstatt die Öffentlichkeit wirkungsvoll vor Schmökel zu schützen.


 
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