© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    46/00 10. November 2000

 
WIRTSCHAFT
"Bahn frei" für die DB-Aktie
Bernd-Thomas Ramb

Eigentlich wollte die Deutsche Bahn (DB) wie ihre Schwestern Telekom und Post ebenfalls demnächst an die Börse gehen. Das Zukunftsunternehmen Bahn verkauft sich aber nicht nur wegen der allgemeinen Schwäche des Neuen Aktienmarktes zur Zeit schlecht als hoffnungsvolle und renditeträchtige Anlage zur Sicherung der Rentnereinkommen.

Im Gegensatz zu vielen virtuell gewinneuphorischen Neuökonomieunternehmen sind die Defizite der neuen DB altbekannt: 20 Prozent des Schienennetzes sind nach Ansicht der Bahnsachverständigen unrentabel. Sozialgebundene Preise und vor allem viel zuviel Personal verhindern eine dauerhafte Kostendeckung. Statt der zunächst vollmundig versprochenen Gewinne mußte Bahnchef Mehdorn nun eine Drei-Milliarden-Mark-Pleite für die nächsten vier Jahre prognostizieren, in neuer Rechnungseinheit der Verlust von einer Expo.

Nun verspricht Mehdorn, den Mitarbeiterbestand von derzeit 241.000 um 35.000 zu reduzieren, den klapprigen Wagenbestand vollständig zu erneuern und neue Großprojekte gegen nachträgliche Kostenexplosionen abzusichern. Das alles kostet jedoch zunächst zusätzliches Geld, das der Bund und die Länder zur Verfügung stellen sollen. Verkehrsminister Klimmt hat es bereits geschafft, Finanzminister Eichel zwei Milliarden Mark jährlich zugunsten der Bahnsanierung abzuschwatzen. Die Chancen stehen somit gut, daß die geplanten Bahnreformen gelingen. Warum der Bahnchef unter diesen Aussichten den Börsengang absagt, ist dann aber unverständlich. Wenn er an den Erfolg seiner Planung glaubt und den Gewinndurchbruch im Jahre 2004 in Aussicht stellt, wäre dies das beste Argument für Investitionen in die Aktie Bahn. Die Anfangsverluste sind zu Lasten der Steuerzahler sozialisiert, die späteren Gewinne privatisiert. Aktienherz, was willst du mehr.


 
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