© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    47/00 17. November 2000

 
Sabine Christiansen
Madame Moderation
von Silke Lührmann

Zur Feier des 9. Novembers gab sich am Brandenburger Tor ein Stelldichein, was in der Spaßgesellschaft Rang und Namen hat. Bei strahlendem Herbstwetter zeigte man mutig Gesicht. Udo Lindenberg forderte die Endlösung, indem er das Land eigenhändig von den Rechten säubern will. Eher würde er nicht ruhen, bekannte der Popstar: Menschlichkeit ist schick, genauso wie Toleranz gegenüber allen, die der eigenen Meinung sind.

Ein Aufstand, den die Regierung angeordnet hat, darf sich nicht spontan entfalten; er muß moderiert werden. Und wer hätte sich für diese verantwortungsvolle Aufgabe besser geeignet als Sabine Christiansen, die "Deutsche Frau des Jahres" 1999, die tatsächlich, so steht es auf ihrer offiziellen Homepage zu lesen, "durch ihren von Sachlichkeit geprägten Stil" zur "Miß Tagesthemen" avancierte – ein sicherlich einmaliges Kriterium in der langen Geschichte der Miß-Wahlen.

Christiansen, deren Name für viele Bundesbürger mittlerweile zum Synonym für die attraktiv verpackte mediale Vermittlung des Zeitgeschehens geworden ist, kam am 20. September 1957 als Sabine Frahm in Preetz (Schleswig-Holstein) auf die Welt. Die Tochter eines Kaufmanns verdingte sich sieben Jahre lang in der freien Wirtschaft, nicht zuletzt als Stewardeß, bevor sie in Kiel und Bremen ein Volontariat beim Norddeutschen Rundfunk absolvierte.

Von nun an ging es steil bergauf für die Journalistin: Sie wurde Wirtschaftsredakteurin beim NDR, moderierte von 1985 bis 1987 das "Hamburg-Journal" und war noch keine dreißig, als sie in der Nachfolge von Ulrike Wolf mit Hans Joachim Friedrichs die "Tagesthemen" zu präsentieren begann, denen sie zehn Jahre lang, bis 1997, treu blieb.

Um die Welt aber nicht nur aus dem "Glashaus der Redaktion" zu erleben, begab sich die Botschafterin des Unicef-Kinderhilfswerks für den WDR auf Bildungsreise. Ab Herbst 1993 wurde ihre sechsteilige Reportage "Bericht: Sabine Christiansen" ausgestrahlt, der ein Jahr später das Buch zur Sendung folgte: "Hoffnung hat viele Gesichter – Begegnungen von Tibet bis Sizilien".

Die Popularität ihrer eigenen Talkshow, die seit dem 4. Januar 1998 sonntagabends im Ersten läuft und von einem ebenso erfolgreichen Internet-auftritt begleitet wird, hat nicht nur Sabine Christiansen zu einem Markennamen, sondern auch ihren Ehemann Theo Baltz reich gemacht. Dem gehört nämlich die Produktionsfirma der Sendung.

Ihre nächste staatsbürgerliche Verpflichtung steht schon fest: Am 8. Dezember wird Sabine Christiansen in Berlin die "Bambi"-Verleihung des Burda-Verlages moderieren. Das Goldene Reh ist nur eine unter vielen Ehrungen, mit denen sie selbst schon ausgezeichnet wurde – dazu zählt die "Saure Gurke" für die frauenfeindlichste Fernsehsendung ebenso wie die Mitgliedschaft im Club der Diplomatenfrauen "Welcome to Berlin".


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen