© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    47/00 17. November 2000

 
Ein Streit zwischen engen Verbündeten
Justiz: Die Bundesregierung verklagt die USA auf Schadenersatz wegen der Hinrichtung eines deutschen Raubmörders
(JF)

Vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag hat die Bundesrepublik Deutschland am vergangenen Montag ihre Klage gegen die USA wegen Verweigerung konsularischen Beistandes erläutert. Der Generaldirektor für Rechtsangelegenheiten im auswärtigen Amt, Gerhard Westdickenberg, legte den 15 Richtern im Friedenspalast den Berliner Standpunkt dar. "Dies ist ein ganz ungewöhlicher Fall", erklärte Westdickenberg, "es geht um einen Streit zwischen engen Verbündeten". Er kritisierte, daß in den vergangenen Jahren elf Ausländer in den USA hingerichtet wurden, ohne daß sie von der Möglichkeit erfahren hätten, ihre Heimatbehörden einzuschalten. Dadurch sei keine optimale Verteidigung der beiden möglich gewesen. Er hat Schadensersatz gefordert und argumentiert, die Behörden in Arizona hätten bereits 1982 gewußt, daß es sich bei den Brüdern LaGrand um Deutsche handle.

James Thessin erwiderte darauf als Anwalt des US-Außenministeriums, die USA hätten sich bereits dafür entschuldigt, daß sie den LaGrands den Konsular-Beistand vorenthalten hätten. Doch deswegen könne Deutschland keinen Schadensersatz verlangen. Das würde die Intention des internationalen Rechts auf konsularischen Beistand verdrehen. Das Todesurteil sei keine Angelegenheit für die oberste Rechtsinstanz der Uno. In dem Verfahren geht es um die deutschen Brüder Karl und Walter LaGrand, die 1999 in Arizona hingerichtet wurden, weil sie bei einem Raubüberfall einen Bankdirektor erstachen und eine Angestellte schwer verletzten. Im März 1999 hatte der IGH auf Betreiben der Bundesregierung eine Einstweilige Verfügung gegen die Hinrichtung von Walter LaGrand erlassen. Trotzdem wurde er exekutiert. Anfang 2001 wird das Gericht sein Urteil verkünden, das darin bestehen könnte, die USA zu verpflichten, künftig für lückenlosen Konsularschutz zu sorgen. Zur Umsetzung können die einzelnen US-Bundesstaaten allerdings nicht gezwungen werden.


 
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