© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    47/00 17. November 2000

 
Referendum gegen Dänemark
Färöer-Inseln: Die Regierung ändert den Kurs Richtung Selbständigkeit / Mit Erdöl zum Wohlstand
Audunn Arnorsson

Die Heimatregierung der zum dänischen Königreich gehörenden Färöer-Inseln hat Ende Oktober angekündigt, daß im April nächsten Jahres eine Volksabstimmung in den Färöern stattfinden werde, bei der die Einwohner gefragt werden sollen, ob sie einen neuen Selbständigkeitskurs ihrer Heimatregierung unterstützen.

Die Heimatregierung, eine Drei-Parteien-Koalition geführt von Anfinn Kallsberg (53), hat, seitdem sie vor zwei Jahren ins Amt gewählt wurde, Selbständigkeitsplänen höchste Priorität einberäumt. Im März diesen Jahres fingen Verhandlungen mit der dänischen Regierung über die Souveränitätspläne an.

In der fünften Verhandlungsrunde in Kopenhagen in der letzten Oktoberwoche ist Kallsberg und seinen Kollegen klargeworden, daß sie mit der bisherigen Verhandlungsgrundlage nichts erreichen würden; die Dänen stellten sich einfach quer und ließen sich nicht darauf ein, Verhandlungen im Sinne der färöischen Heimatregierung anzufangen. Die Verhandlungen wurden abgebrochen, und Kallsbergs Regierung hat einen Kurswechsel und eine Volksabstimmung angekündigt.

Seit 1948 sind die Färöer (wörtlich: Schaf-Inseln) eine autonome Region Dänemarks, aber die 46.000 Einwohner der kleinen Inselgruppe, die mitten im Atlantik zwischen Schottland und Island liegt, sind seit Jahren mit der geltenden Heimatregierungsordnung unzufrieden. Diese gewährt der färöischen Regierung und dem Parlament (Lagting) die Macht über die meisten inneren Angelegenheiten; die Außenbeziehungen, Währungsfragen und andere übergeordnete Angelegenheiten bleiben bei der Kopenhagener Regierung und dem dänischen Parlament, welchem auch zwei färöische Abgeordnete angehören.

Die staatsrechtliche Stellung der Färöer ist allerdings recht kompliziert; z.B. sind sie ökonomisch stark vom Fischfang abhängig (wie auch Grönland). Sie sind nicht in der Europäischen Union, obwohl Dänemark schon seit 27 Jahren EU-Mitglied ist. Im Laufe der neunziger Jahre haben sich die Beziehungen zwischen Kopenhagen und der färöischen Hauptstadt Tórshavn sehr verschlechtert, u.a. wegen eines Skandals in Verbindung mit dem Bankrott der färöischen Landesbank, Föroya Banki, in dem die Inselbewohner sich von den Dänen ausgetrickst fühlten. Nach der Lagtings-Wahl im Mai 1998 ist zum ersten Mal eine eindeutige politische Mehrheit für eine Abkopplung von Dänemark entstanden. Was die Einstellung zur Frage betrifft, inwieweit die Färöer ein selbständiger Staat sein sollen, sind die Färinger schon seit dem 19. Jahrhundert sehr gespalten.

An die stabilen Verhältnisse des dänischen Wohlfahrtsstaates gewöhnt, sind viele der Meinung, daß ein schneller Abschied aus dem dänischen Reichsverbund zu riskant sei. Die aktuelle Mehrheit, die hinter den Souveränitätsplänen der Heimatregierung steht, glaubt aber daran, daß die Färöer ökonomisch auf eigenen Füßen stehen können. Dabei spielt der Umstand sicherlich eine nicht unwesentliche Rolle, daß demnächst nach Öl und Erdgas im Meerboden innerhalb der färöischen Hoheitszone systematisch gesucht werden soll. Immer noch kommen ein Drittel aller Staatsausgaben in den Färöern direkt aus der dänischen Staatskasse. In den Verhandlungen, die Ende Oktober zu Ende gingen, hat die dänische Regierung angeboten, den Zuschuß in vier Jahren abzubauen, wenn die Färöer tatsächlich Selbständigkeit wünschten.

Die Heimatregierung hat sich eine 15jährige Anpassungsperiode vorgestellt. Die neuen Pläne der Regierung Kallsberg sehen vor, schrittweise die Selbstbestimmung der Färöer auszuweiten, mit dem geltenden Heimatregierungsgesetz als Ausgangspunkt. Mit jedem Schritt, der in Richtung Souveränität gemacht wird, soll der dänische Zuschuß abgebaut werden. Am Schluß dieser Entwicklung, die unbestimmt lange Zeit in Anspruch nehmen wird, soll noch eine Volksabstimmung über eine Verfassung eines selbständigen färöischen Staates abgehalten werden.


 
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