© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    48/00 24. November 2000

 
UMWELT
Strom stinkt nicht – nur den Grünen
Holger Nutzinger

"Non olet" pflegten die alten Römer zu sagen. Mit diesem "Es stinkt nicht" war das Geld gemeint, das damals für die Benutzung öffentlicher Urinale zu zahlen war und das Staatsäckel füllte. Einem Geldstück kann man in der Tat nicht ansehen, wofür es gezahlt wurde und durch wessen Hände es ging. Ähnliches gilt für eine Kilowattstunde elektrischen Strom. Er kommt für Otto Normalverbraucher schlicht aus der Steckdose, ist – trotz Werbung – nicht farblich gekennzeichnet und trägt keinen Stempel oder eine Tätowierung, denen Ort und Zeit der Herkunft und der Aufzucht zu entnehmen ist. Was also soll die Idee der Regierung, "schmutzigen Strom" per Gesetz zu verbieten?

Die Diskussion des neuen Energiewirtschaftsgesetzes ist schon in der Planungsphase heiß – die Zielrichtung ist klar: Man will tunlichst vermeiden, daß stramm grün-umweltbewußte Verbraucher Elektrizität verwenden müssen, die auf nicht reinrassige Art und Weise erzeugt wurde. Dabei ist Atomstrom aus – gar osteuropäischen – AKWs ebenso verpönt wie Strom aus der Verbrennung knapper fossiler Brennstoffe wie Öl und Kohle. Letzteres aber nicht wegen des Raubbaus an der Natur, sondern nur, wenn keine aufwendigen Abgasfilter eingebaut wurden. All dies passiert weniger in Deutschland, sondern im Ausland, das seit der Liberalisierung der Energiemärkte hemmungslos Strom nach Deutschland exportieren darf. Den ausländerfeindlichen Ansatz der grünen Strompolitik will die Regierung tunlichst durch eine Selbstverpflichtung der Stromimporteure verwirklichen, man will sich ja nicht selbst die Finger schmutzig machen. Vielleicht reicht aber auch die Beteuerung der Stromexporteure, nur der saubere Strom fließe nach Deutschland, der schmutzige bleibe im eigenen Lande.


 
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