© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    51/00 15. Dezember 2000

 
Meldungen

Parteispendenskandal: Chirac soll vor Gericht

PARIS. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts IPSOS sind 84 Prozent der Franzosen der Ansicht, daß Staatspräsident Jacques Chirac im Rahmen der Gerichtsermittlungen über die jüngste Parteispendenaffäre als Zeuge aussagen sollte, falls ihn die Justiz dazu auffordert. 69 Prozent sind zudem der Meinung, daß sich der Neogaullist öffentlich in der Angelegenheit äußern sollte. 70 Prozent der Befragten finden es "normal", daß ein amtierendes Staatsoberhaupt im Rahmen der Ermittlungen zur illegalen Parteienfinanzierung während seiner Mandatsdauer von der Justiz als Zeuge angehört werden könne. 74 Prozent der Franzosen erklärten sich überdies überzeugt davon, daß die jüngste Parteispendenaffäre im Zusammenhang mit der Renovierung von Oberschulen im Pariser Großraum "alle politischen Parteien betrifft", während nur 16 Prozent denken, daß sie "vor allem die RPR" (die Neogaullisten) betreffe. Für die Umfrage wurden am 5. Dezember 818 auf den französischen Wählerlisten eingetragene Personen telefonisch befragt. In den Ermittlungen zur Renovierung der Schulgebäude wird rechten und linken Parteien vorgeworfen, bei der Vergabe der Arbeiten eine "Kommission" von zwei Prozent abgezwackt zu haben. Dadurch seien zwischen 1989 und 1996 rund 600 Millionen Franc (179 Millionen Mark) in die Parteikassen geflossen. Chirac war bis Mai 1995 Bürgermeister von Paris.

 

Zweites Volksbegehren gegen Asylmißbrauch

BERN. Die neue Initiative der konservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) gegen "Asylrechtsmißbrauch" ist formell zu- stande gekommen. Dies gab die Bundeskanzlei in Bern vergangene Woche nach Prüfung der Unterschriftenlisten bekannt. Von insgesamt 108.626 eingereichten Unterschriften seien 107.438 gültig. Nach dieser Initiative kann in der Schweiz kein Asylgesuch mehr stellen, wer über einen "sicheren Drittstaat" einreist und dort ein Asylgesuch hätte stellen können. Wer dennoch kommt, erhält nur das Minimum an Fürsorge. Die Arbeitsmöglichkeiten für abgewiesene Gesuchsteller werden eingeschränkt. Die Initiative ist das zweite Volksbegehren der SVP zum Thema Asyl. Das erste war 1996 mit knapp 54 Prozent Nein-Stimmen verworfen worden. Es wollte die illegale Einwanderung stoppen, den Asylmißbrauch verhindern und die Asylverfahren verkürzen.

 

Ex-Kommunist Iliescu besiegt rechten Tudor

BUKAREST. Der Ex-Kommunist Ion Iliescu ist ein zweites Mal zum Präsidenten Rumäniens gewählt worden. Bei der Stichwahl gegen seinen rechten Konkurrenten Corneliu Vadim Tudor erreichte der 70jährige vergangenen Sonntag 66,8 Prozent der Stimmen. Alle Parteien – außer der Romania Mare (PRM) – hatten gemeinsam zur Wahl Iliescus aufgerufen. PRM-Chef Tudor wollte seine Niederlage zunächst nicht anerkennen, sondern sprach in der Nacht auf Montag vom "größten Wahlschwindel des Jahrhunderts" und warf den Gegnern im Fernsehen erneut "Bestechung" vor. Der 50jährige erklärte, der Wahlausgang sei "ein Sieg des Atheismus", Rumänien werde in Zukunft "von einer Bande von Dieben" geführt. Er kündigte an, die Wahl anzufechten. Die Wahlbeteiligung lag bei 57,5 Prozent.

 

Ungarns Linksliberale rücken nach rechts

BUDAPEST. Die oppositionellen linksliberalen Freidemokraten (SzDSz) wollen mit der Wahl ihres neuen Vorsitzenden Gábor Demszky in die "politische Mitte" rücken. Der Budapester Bürgermeister trat beim Parteitag vergangene Woche mit dem Versprechen an, anders als seine Vorgänger die SzDSz nicht mehr "an die Sozialisten zu ketten". Umfragen sehen die Partei – die den EU-14-Boykott gegen Österreich begrüßte – unter der Vier-Prozent-Hürde.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen