© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    02/01 05. Januar 2001

 
Im kontrollierten Chaos
Kroatien ist ein Versuchsfeld des globalen Totalitarismus
Zoran Vukman

Kroatien ist in einen gefährlichen metapolitischen Aggregatzustand geraten. Durch Kroatien brechen sich die finstersten Kraftlinien der neoimperialistischen Politik der USA und Großbritanniens ihre Bahn. Das Schicksal dieses Staates wird durch die hinter den Kulissen wirkenden Machtkämpfe der großen politischen, geheimdienstlichen und finanziellen Kartelle entschieden.

Kroatien ist heute ein Land des kontrollierten Chaos, ein kleines Laboratorium der Schöpfer der neuen Weltordnung, in welchem sich anhand eines kleinen Modells die Mechanismen des globalen Totalitarismus ausprobieren lassen.

Die absolute Aufsicht über Menschen, Medien, politische und bürgerliche Vereinigungen – und das in einem vorgetäuschten Pluralismus, der für jene offen ist, die sich den Interessen der Herrscher dieser Welt nicht widersetzen: Das ist ein Szenarium beinahe an der Grenze der Phantastik.

Auf jeden Fall ist Kroatien ein Staat, den man der vollkommenen Kontrolle ausländischer Mächte zu unterwerfen sucht, um ihn in ein "Protektorat" zu verwandeln. Alle Unzuverlässigen würden in einem solchen Protektorat sehr schlecht davonkommen, denn die Kroaten gelten in den angelsächsischen Projektionen nicht viel. Eine Atmosphäre latenter Verfolgung schafft neue Beklemmungen in diesem Land. Die Polizei kann jeden ohne irgendwelche Begründung festnehmen. Menschen werden vorgeführt, verhört, ohne Beweise, ohne konkrete rechtliche Begründung. Es verbreitet sich der Eindruck, daß unter dem Deckmantel oder der Ausrede des "Rechtsstaates" jeder ohne Grund, aber absichtlich und mit politischen Motiven verdächtigt, vorgeladen und verhört werden kann. So, als wären zehn Jahre der Existenz des kroatischen Staates eine Zeit des absoluten Verbrechens gewesen – und so, als hätten sich alle Mächte dieser Welt verabredet, daß die Kroaten nach diesen zehn Jahren für ihre Dreistigkeit und für die Schaffung ihres selbständigen Staates bestraft werden müssen.

Kroatien wird einer "pazifizierenden" Behandlung unterzogen. Das heißt: Es wird alles kriminalisiert, was irgendwie mit der kroatischen nationalen Identität verbunden ist, es wird der feste nationale Kern des Kroatentums demoralisiert – und es werden in der Politik und den Medien alle "Nationalisten" und "Klerofaschisten" isoliert.

Unter dem Vorwand, das Land von kriminellen Umtrieben zu befreien, führt man die politische Pazifizierung durch. Leider sind hier die Regierungsstrukturen nur ausführende Organe des Willens der ausländischen Pazifizierer. Diese brauchen ein gedemütigtes Kroatien, das national abgewertet, unterwürfig und vom Schuldkomplex besessen ist. Ein Kroatien, das sich in Selbstbezichtigungen zerstört, das sich von innen her selber verzehrt, ein Kroatien, das als Nationalstaat verschwindet und das anpassungsfähig für neue Modifikationen der Balkan-Integration sein wird.

Hier handelt es sich nicht nur um materielle und wirtschaftliche Interessen der "Großen", um den Markt der geplanten Balkan-Union oder um den amerikanischen Durchbruch nach Osten. Hier handelt es sich um verdeckte metapolitische, ja beinahe esoterische Ziele. In Kroatien versucht man, auch die Seele der katholischen Kirche zu vernichten. In Kroatien soll der Glaube an Jesus Christus eine Niederlage erleiden. Wir zahlen auch wegen unserer Treue zum Vatikan und Johannes Paul II.

Es ist unglaublich, welchem Druck wir ausgesetzt sind. Der normale Mensch fragt sich: Warum kann ein Kroate und Katholik in diesem Raum nicht in Frieden leben? Warum macht man ihm das Recht auf öffentliche Rede und öffentliches Wirken streitig, sobald er in Widerspruch mit den amerikanischen Globalisierungskriterien und der amerikanischen Massenkultur gerät? Weshalb wird er – einstweilen – verbal verfolgt, zum Klerofaschisten, Nationalisten und Fremdenhasser gestempelt und als solcher beschimpft? Warum wird jeder ausgegrenzt, der anders denkt als die dominierende Ideologie des Liberalismus und Anarcholiberalismus?

Das Abrutschen in den Totalitarismus ereignet sich gerade in dem Augenblick, da man dies am wenigsten erwartet, da alle trunken sind von lauter "göttlichem" Fortschritt. Warum gibt es in den Reihen unserer Intelligenz keine Skepsis, warum wacht sie nicht über den Interessen und der Sicherheit unseres kleinen Volkes? Warum beleidigt und erniedrigt sie uns durch ihren Opportunismus und ihre Feigheit – und warum macht sie uns zum Gespött ausländischer Herren?

Die altkommunistische Geisteshaltung tritt auch unter der falschen Demokratenkappe zutage: Die Gegner des "Fortschritts" werden verdammt und ausgegrenzt. Und hier beginnt alles in Kroatien – und hier endet es zugleich. Deshalb wird der Beginn des normalen Lebens in diesem Lande hinausgezögert. Alles ist übertönt, gespannt und ungewiß. Wir leben in einem ständigen Affekt – aber so kann man weder etwas positiv bewegen noch schaffen. Wir können nur sagen: Gott stehe uns bei!

 

Zoran Vukman ist kroatischer Journalist und durch seine mutigen Kommentare der Nach-Tudjman-Ära bekannt. Obiger Artikel erschien in der unabhängigen konservativen Zagreber Wochenzeitung "Hrvatsko Slovo" unter der Überschrift "Kroatien ist ein Versuchsfeld des globalen Totalitarismus". Wir bringen die gekürzte deutsche Übersetzung.


 
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