© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    04/01 19. Januar 2001


Unerträgliche Arroganz
von Moritz Schwarz

In Deutschland ist erneut Streit um die Vergangenheit ausgebrochen, diesmal ist es die von Außenminister Fischer. Den um das Wohl des Gemeinwesen besorgten Konservativen kann dies nur erschüttern, führt solcher Streit doch nur zu einer noch tieferen Spaltung desselben. Wer da frohlockt, nun treffe es auch einmal das andere politische Lager, verhält sich nicht nur menschlich fragwürdig, sondern verantwortungslos. Dennoch – ignoriert werden darf freilich nichts.

Ging es in der vergangenen Woche noch um die schockiereneden Bilder eines feige prügelnden Joschka Fischer, so wird inzwischen nach dessen Verantwortung für einen grausamen Mordversuch an einem Polizisten per Molotow-Cocktail gefragt. Wohlgemerkt: gefragt.

Daß Fischer ein Anstifter, vielleicht gar Täter war, dafür gibt es Zeugen. Einen interviewte die JF stellvertretend (Seite 8). Aber alle haben einen Haken: Die Aussagen lassen sich nicht erhärten. Niemand scheint aber aufzufallen, daß Fischer sich auf demselben fragwürdigen Niveau verteidigt. Im Spiegel antwortet er beispielsweise auf die Frage, ob er Brandsätze geworfen habe: "Das hat nicht meiner Haltung oder Überzeugung entsprochen. Insoweit kann ich es ausschließen." "Insoweit" – kein klares Nein, sondern eines, das einer geistigen Indizienkette entspringt. Wer sich so verteidigt, hat etwas zu verbergen oder nimmt seinen Gegenüber nicht ernst. Die Sittlichkeit zwingt zur Annahme des letzteren. Weiter: Der Gewalt, so Fischer im TV, habe er abgeschworen – nicht der Menschenleben zuliebe, sondern weil sie der Sache geschadet habe. Fischer mag unschuldig sein, seine Arroganz ist unerträglich.


 
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