© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    05/01 26. Januar 2001

 
Blick in die Medien
Verstümmelt
Ronald Gläser

Ein Kommentar in den Tagesthemen aus der vorvergangenen Woche beschäftigt jetzt die Konferenz der ARD-Chefredakteure. Zur Debatte steht dort angeblich sogar die weitere berufliche Zukunft von "Das Wetter"-Ullrich Wickert. Dem öffentlich-rechtlichen Chefbewältiger, an dessen Stuhl seit einiger Zeit gesägt wird, wird Illoyalität gegenüber den Kollegen vom MDR vorgeworfen. Der Auslöser war ein Kommentar, der vom MDR-Chefkorrespondenten Georg Schmolz zu einer geplanten Ausstellung von Bildern Lothar-Günther Buchheims (Das Boot) verfaßt worden war. Gezeigt wurde schließlich eine verstümmelte Fassung mit dem Hinweis Wickerts, seine Redaktion distanziere sich von dem Inhalt. Die zuständigen Redakteure tobten. In dem Kommentar ging es um eine Ausstellung über den Zweiten Weltkrieg. In diesem Zusammenhang wurde der Ex-Kriegspropagandist Buchheim wegen seiner Kriegsteilnahme mit Franz Schönhuber verglichen. Nun gibt es sicherlich kaum unterschiedlichere Persönlichkeiten. Denn Schönhuber rechtfertigt seinen Dienst bei der Waffen-SS heute noch, während sich Buchheim seit Mai 1945 als Widerstandskämpfer gibt. Allerdings sollte sich niemand die Hoffnung machen, ohne Wickert gäbe es bei der ARD weniger antifaschistische Phrasen. Seit letzter Woche sendet Michel Friedman seine Talksendung, mit der bisher nur Zuschauer vom ORB belästigt wurden. Allerdings unter Ausschluß der Öffentlichkeit: Die Quote der ersten bundesweiten Ausstrahlung war miserabel.

Getunnelt

Der von SAT.1 am Sonntag und Montag ausgestrahlte Zweiteiler "Der Tunnel" ist beim deutschen Fernsehpublikum überraschend gut angekommen. Der erste Teil wurde von 7,19 Millionen gesehen (19,9 Prozent, Platz zwei hinter der Tagesschau), Teil zwei noch von 6,61 Millionen (19,5 Prozent, ebenfalls Platz zwei). Also scheint selbst fast vierzig Jahre nach dem Bau der Mauer, elf Jahre nach ihrem Fall, das Bedürfnis der Deutschen nach solchen Filmen ungebrochen zu sein.


 
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