© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    08/01 16. Februar 2001

 
PRO&CONTRA
Rückkehr von Wolfgang Schäuble?
Nadira Hurnaus / Hendrik Wüst

Es ist Karneval, die fünfte Jahreszeit. Gerade wurde "uns jecker Guido" mit dem "Orden wider den tierischen Ernst" geschmückt. Ein Traum für jeden Rheinländer. Und auch die Berliner CDU – eingedenk ihrer langen Macht am Rhein – treibt ihre Narreteien. Merz merkelt und Merkel merzt. Und alle miteinander stoibern: "Wer wird des Königs Kleider tragen?"

Der Einzige, der schweigt, ist Wolfgang Schäuble. Doch gerade von ihm erwarten sich die Enttäuschten in der Union, die Mühseligen und Beladenen, daß er die Partei nach kopflosen Kanzlerkandidats-Ansprüchen wieder auf die Zielgerade führt. Und er ist wohl der einzige, der es kann. Deutsche Geschichte hat er erlebt, erlitten und gestaltet. Deshalb verlieh ihm die Deutschland Stiftung e. V. 1998 den Konrad-Adenauer-Freiheitspreis. Natürlich sind bayerische Kanzler-Ambitionen mit gleichzeitigen Dementis Tradition. Doch Wolfgang Schäuble hält sich zurück. Das sollte er nicht tun. Die Jungen haben sich bemüht, sicher, aber noch klappt, deutlich sichtbar, die Zusammenarbeit nicht so, wie das nötig ist, um Gerhard Schröder im nächsten Jahr herauszufordern. Kein Zweifel, die Staffete muß – und wird auch – übergeben werden, noch aber ist Starthilfe nötig. Wer dies als Kampf "alt gegen jung" versteht, versteht es freilich nicht: an Schäuble sollen Merz, Merkel und Co. noch weiter wachsen. In der letzten Krise hat Wolfgang Schäuble gezeigt, daß er durchaus die Interessen der Partei vor die persönlichen zu stellen weiß. Sein Opfer entlastete die CDU von einer Krise, an der sie manche schon zerbrechen sahen. Ein "Klammern alter Männer an die Macht" ist also gewiß nicht zu befürchten.

Es ist Karneval in Bonn am Rhein: "Lasset den Dom in Kölle" und "Gute Friunde stohn zusamme" sind die meistgesungenen rheinischen Karnevalslieder. Laßt den Dom in Köln und das Unions-Urgestein Schäuble den Weg weisen. Denn gute Freunde sollten wirklich zusammenhalten. Alaf, helau und Tusch!

 

Nadira Hurnaus ist Chefredakteurin des monatlich erscheinenden, CDU-nahen "Deutschland-Magazins".

 

 

Wolfgang Schäuble ist ohne Zweifel dank seiner analytischen Fähigkeiten und seiner persönlichen Autorität nach wie vor ein Politiker von Format, wie ihn sich die CDU/ CSU an ihrer Spitze nur wünschen kann. Dennoch ist der Ruf nach Schäuble der gegenwärtigen Lage der Union nicht angemessen. So schlecht macht die neue Führung ihre Sache nicht, sie braucht Zeit und sie muß lernen, sich auch ohne die "Altvorderen" zu bewähren. Denn mit Schäubles Rückkehr würde keine der aktuell brennenden Fragen wirklich geklärt. So wäre etwa die wichtige Frage des Kanzlerkandidaten der Union auch weiterhin offen, da er doch wohl nicht der Kandidat ist, der Bundeskanzler Gerhard Schröder wirklich Paroli bieten könnte. Denn mit 59 Jahren ist er naturgemäß niemand, der neue Führung verkörpern kann.

Die CDU/ CSU muß sich aber dieser notwendigen, bisher ausgebliebene Grundsatzdiskussion stellen und sie aus eigener Kraft überzeugend entscheiden. Diese Diskussion wird einige interne Fragen offenlegen, die ein Kompromißkandidat aus den Reihen der altbewährten Garde weiter unbeantwortet lassen würde. Die neuen Führung ist – mit oder ohne Schäuble – einfach zum eigenen Erfolg verdammt.

Wolfgang Schäuble aber bleibt weiterhin einer von sieben gewählten Präsidiumsmitgliedern und hat in sofern eine feste Stellung in der CDU-Spitze. Er kann also seine wertvolle Kompetenz einbringen und seine ruhige und analytische Art tut der Stimmung im Präsidium zweifelsohne gut.

Das Bundespräsidentenamt würde ihm dagegen sicher nicht gerecht. Nicht weil er nicht in der Lage wäre, dieses Amt auszufüllen, sondern weil er ein Politiker, wie er in der Regel fest in der Parteinahme verwurzelt ist. Denn Schäuble ist das, was man gemeinhin einen "Vollblutpolitiker" nennt.

 

Hendrik Wüst, 25, ist Landesvorsitzender der Jungen Union in Nordrhein-Westfalen


 
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