© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    08/01 16. Februar 2001

 
Abstimmung mit den Füßen
Die Fluchtwelle von "FAZ"-Redakteuren zu anderen Zeitungen setzt sich dramatisch fort
Andreas M. Daniel

Der personelle Aderlaß bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung nimmt dramatische Ausmaße an. Immer mehr kluge Köpfe verlassen das Blatt. In der vergangenen Woche kündigten Feuilleton-Chef Ulrich Raulff (51), der Ressortleiter für Literatur und literarisches Leben, Thomas Steinfeld (46), sowie die kulturpolitische Korrespondentin Franziska Augstein (36) ihren Weggang an. Die Tochter des Spiegel-Herausgebers wurde voriges Jahr in der Kategorie "Essayistischer Journalismus" mit dem renommierten Theodor-Wolff-Preis ausgezeichnet. Alle drei wechseln ins Kulturressort der Süddeutschen Zeitung. Bereits zuvor hatten Konrad Adam, Ulrich Weinzierl und der Chef der Innenpolitik, Eckhart Fuhr, das Weite gesucht und an Bord der Welt angeheuert.

Die Häme der Kollegen in anderen Zeitungen ficht den für das Feuilleton verantwortlichen FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher nicht an. Seit Monaten pflegt er sein Steckenpferd eines vor allem wissenschaftsorientierten Feuilletons – und vergrault damit zusehends seine Edelfedern. Dem Branchendienst kressreport sagte er, das FAZ-Feuilleton sei ein "Talentpool für den deutschen Journalismus". Und er fügte den kuriosen Satz hinzu: "Wir sind durchaus in der Lage, das Feuilleton weiterzuführen." Auf dem Chefsessel des Feuilletons soll künftig der erst 34jährige Patrick Bahners Platz nehmen, der seit 1997 Redakteur für Sachbücher ist und sich ansonsten gern als Ehrenpräsident der "Deutschen Organisation nichtkommerzieller Anhänger des lauteren Donaldismus" (D.O.N.A.L.D.) präsentiert. Als neuer Literaturchef ist Hubert Spiegel (38) auserkoren.


 
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