© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    10/01 02. März 2001

 
Braucht Deutschland eine Rechtspartei?
Legitimer bürgerlicher Protest
Dieter Stein

In mehreren deutschen Bundesländern wird im März gewählt. In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz wählen die Bürger am 25. März einen neuen Landtag, in Hessen am 18. März die Kommunalparlamente. Diese Wahlen sind zum ersten Mal seit knapp einem Jahr wieder ein Barometer für die politische Stimmung in Deutschland.

Zwar sind es regionale Wahlen, bei denen landesspezifische Fragen eine große Rolle spielen, auch aufgrund teilweise stark ausgeprägter Persönlichkeitswahl wie beispielsweise in Baden-Württemberg. Dennoch sind diese Wahlen auch von folgenden übergeordneten Fragen bestimmt:

- Hat die CDU ihr Stimmungstief, das durch die Schwarzkonten-Affaire ausgelöst wurde, durchschritten, und wie stark konnte sie Vertrauen bei ihrer Anhängerschaft zurückgewinnen?

- Welche Auswirkungen haben die jüngsten Personalwechsel im Bundeskabinett auf die SPD?

- Hat die Affäre um Joschka Fischers gewalttätige Vergangenheit negative Auswirkungen auf die Grünen, oder mobilisiert das Thema sogar eher eine durch den realpolitischen, industriefreundlichen Kurs der Schröder-Regierung enttäuschten Grünen-Klientel?

- Wie verhält sich die ländliche, bäuerliche Wählerschaft aufgrund der BSE-Krise? Welche Partei profitiert von den enttäuschten Bauern?

- Welche Auswirkungen hat die "Kampagne gegen Rechts" sowohl auf die CDU als auch auf rechtskonservative Parteien wie die Republikaner?

Neben dem Stammland Baden-Württemberg sind Hessen und Rheinland-Pfalz die Länder mit den zuletzt höchsten Wahlergebnissen der Republikaner gewesen. Über die Jahre sind die Republikaner, die seit zwei Legislaturperioden in Fraktionsstärke im Stuttgarter Landtag präsent sind, der einzige erfolgreiche Versuch, rechts neben der CDU eine demokratische Partei zu etablieren. Bei den bevorstehenden Wahlen geht es nicht zuletzt darum, ob der Partei Rolf Schlierers eine Zukunft beschieden ist oder nicht.

Die Frage ist: Braucht Deutschland überhaupt eine parlamentarische, demokratische Partei rechts neben der Union? Oder soll die CDU einsam am Rande des Verfassungsbogens stehen – einen Schritt nach rechts, und man landet im Verfassungsschutzbericht?

Es gibt starke bürgerliche Kräfte, die rechte Alternativen für überflüssig oder schädlich halten. Der Industrie ist es lieber, Deutschland wird rot-grün regiert, weil die Gewerkschaften so am besten eingebunden sind. Eine zahme Unions-Opposition ist da willkommen. Schon das Aufkommen der Grünen und der PDS machte das Feld für Lobbyisten unüberschaubarer.

Auf der anderen Seite kann und will die Union offenbar nicht alle vorhandenen demokratischen konservativen bzw. rechten Positionen abdecken, die in der Bevölkerung vertreten werden. In Hamburg kandidiert deshalb im September ein Richter Schill mit einer neuen Formation. Es ist also fraglich, wie lange sich legitimer konservativer Protest als rechtsradikal ausgrenzen läßt.


 
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