© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    10/01 02. März 2001

 
Zeitschriftenkritik: Mitteilungen der Kommunistischen Plattform
Übermarxismus
Werner Olles

Herausgeber der im 11. Jahrgang monatlich erscheinenden Mitteilungen ist der "Bundeskoordinierungsrat der Kommunistischen Plattform der PDS" unter Federführung von Heinz Marohn. Auf rund dreißig Seiten im Format DIN-A-5 melden sich hier durchaus nicht nur die Partei-Fundamentalisten wie Sarah Wagenknecht, Ellen Brombacher, Uwe-Jens Heuer von der "Marxistischen Plattform", Eberhard Czichon, Kurt Gossweiler, die SDAJ Berlin und die "Antifaschistische Aktion" zu Wort, auch Hans Modrow, Gregor Gysi, Klaus Höpcke und Dietmar Bartsch publizieren in den Mitteilungen. Von irgendeiner Abgrenzung zum stalinistischen ML-Flügel der "Partei des demokratischen Sozialismus" kann also wohl keine Rede sein.

Im Kielwasser eines selbstgerechten "Antifaschismus", der von den Übeln der SED-Diktatur ablenken soll, ist man hier unterschwellig unablässig mit der eigenen "heroischen Vergangenheit" beschäftigt, vergißt darüber aber keineswegs, "offene Fragen" in die Programmdebatte der PDS hineinzutragen. Recht interessant liest sich dabei die innerparteiliche Kontroverse zur Einwanderungsdebatte und zur Diskussion um Fragen der Nation und der "Leitkultur". Fast "übermarxistisch" argumentiert dabei Manfred Graichen, wenn er zur Einwanderungsproblematik bemerkt, als sozialistische Partei solle die PDS "verstärkt gegen die Einwanderungsstrategien der Bundesregierung vorgehen", denn "dahinter stehen die Lobbyisten der Wirtschaft". Man wolle lediglich Ausbildungskosten sparen und zudem "Lohndumping gegen deutsche Fachkräfte" praktizieren. Hinzu komme, "daß nicht unerhebliche Teile der Facharbeiter und der akademisch ausgebildeten Jugend in Deutschland keine Arbeitsplätze finden". Und dann wörtlich: "Von den weiteren Problemen im Sozial- und Gesundheitswesen sowie im Bereich Umwelt und Verkehr ganz zu schweigen."

Es dürfte Graichens Parteigenossin Ulla Jelpke vermutlich den Magen umgedreht haben, aber offenbar gibt es selbst – oder gerade – auf dem ultralinken Flügel der PDS einige Genossen, denen es bis jetzt gelungen ist, nicht auf der verlogenen multikulturellen Schleim-spur westdeutscher Salon- und Vulgär-Marxisten auszurutschen. Das ist um so bemerkenswerter, als diese geballte Ladung "National-Marxismus" ganz offen "das konservative Beharrungsvermögen der Masse eines Volkes in Sachen Kultur und Moral" konzediert und davon ausgeht, daß "das Aufeinanderprallen der unterschiedlichen Kulturen im Zusammenleben deutscher und ausländischer Bürger auf engem Raum nicht nur mit der Forderung nach Toleranz auf beiden Seiten zu lösen ist".

Der frühere Nato-Spion Rainer Rupp – im Parteijargon "Kundschafter des Friedens" – befaßt sich mit Rudolf Scharpings und Joseph Fischers windelweichen Erklärungen zum Uranmunition-Skandal und wirft beiden "Vertuschung" und "offensichtliches Unvermögen" vor. Die PDS setze sich als einzige Partei für einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß zu dieser Thematik ein.

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