© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    11/01 09. März 2001


Keine Lufthoheit mehr
von Carl Gustaf Ströhm

Politischer Aschermittwoch" – das war zu Zeiten des Franz Josef Strauß ein Markenzeichen der CSU. Anfangs in Vilshofen, später in der Passauer Nibelungenhalle, scharten sich die Anhänger nicht nur aus Bayern, sondern aus der ganzen Bundesrepublik um die Bayern-Union. Das war die Zeit, in der Strauß das Wort prägte: "Die Bayern müssen die besseren Preußen sein". Gelegentliche Nachahmungsversuche, etwa der bayerischen SPD, blieben weit hinter dem Original zurück.

Heute, ein Jahrzehnt nach der Wiedervereinigung, bringt der CSU-Aschermittwoch in Passau zwar noch Tausende von Zuhörern auf die Beine. Aber, um Strauß abzuwandeln: Die "Lufthoheit über dem Aschermittwoch" hat die CSU inzwischen verloren. Nicht nur die SPD hat das Originalrezept abgekupfert, auch die Grünen entdeckten den Aschermittwoch für sich, wobei sie mit dem 68er Sexualkunde-Experten Cohn-Bendit aufwarteten. Sogar die PDS, die mit dem religiösen Urgrund am wenigsten zu tun hat, beging dieses Ereignis politisch – dazu noch in Berlin, wo es kaum hinpaßt. Beim Sender Phoenix sah man bereits die Folgen dieser Aschermittwochsinflation: Die CSU beherrschte nicht mehr die Schlagzeilen. Sogar im heimatlichen Bayern-Fernsehen trat eine fesche Ansagerin herablassend mit dem Spruch auf, die "Parteien" hätten sich am Aschermittwoch gegenseitig befetzt – ganz so, als rangiere Stoibers CSU nur noch als eine unter vielen. Dazu wurde noch der SPD-Landeschef zitiert, der die CSU als "Regionalpartei" ohne Bedeutung in Berlin und ohne Einfluß in Brüssel abqualifizierte. Stoiber sollte aufpassen, daß man ihm nicht die Butter vom Brot nimmt.


 
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