© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    11/01 09. März 2001

 
Peter Schmalz
Wechsel in blau-weiß
von Otto Grauer

Was mag einen langgedienten Springer-Journalisten dazu bringen, auf seine älteren Tage das sichere Konzernbett zu verlassen, sich als Parteischreiber zu verdingen? Peter Schmalz, langjähriger Korrespondent und Reporter der Welt – zuerst für Bayern, nach der Wiedervereinigung in Berlin, zuletzt wieder für Süddeutschland –, ist diesen Weg gegangen: Er springt von Springers stets defizitärem Prestigeblatt zu dem nicht minder defizitären Bayernkurier – dem Blatt der CSU in München.

Schmalz löst den bisherigen Bayernkurier-Chef Wilfried Scharnagel ab, der nach 24 Jahren als wohldotierter Berater zur Kirch-Gruppe wechselt. Unter Scharnagel, der von Franz Josef Strauß bis zu Edmund Stoiber alle Macht- und Generationsschübe der CSU schadlos überstand, war der Bayernkurier ein biederes Verlautbarungsblatt, das – im Gegensatz zu früheren Jahrzehnten – in der Öffentlichkeit ein nur wenig beachtetes Dasein fristete. Die Zeiten, da ein Marcel Hepp (noch in den sechziger Jahren) mit originellen und kontroversen Thesen zur großen Politik brillierte, gehören längst der Vergangenheit an.

Wenn nun der 58jährige Schmalz den 62jährigen Scharnagel beerbt, wird man kaum von einem Generationswechsel sprechen. Ob und wie sich am Blatt, auch angesichts der neuen geschäftlichen Verbindung zum FAZ-Verlag, etwas Grundlegendes verändern wird und kann, muß sich erst zeigen. Schmalz soll übrigens nicht der erste Kandidat gewesen sein, dem der Bayernkurier angedient wurde. Es heißt, andere Journalisten hätten abgelehnt, weil sie sich nicht ins Prokrustesbett der Parteidisziplin legen wollten.

Wenn schon Scharnagel nicht gerade ein Mann von überbordender Phantasie und scharfem schreiberischen Profil war, wird man derlei Eigenschaften wohl auch von seinem Nachfolger kaum erwarten können. In der Welt galt Schmalz als wackerer Schreiber, aber keineswegs als politischer Bekenner. Auch als analytischer Kopf ist er bisher nicht aufgefallen. Sein Ehrgeiz, im Hause Springer eine höhere Position zu erklimmen, erfüllte sich nicht. Chefredakteure kamen und gingen, zuletzt zog die Generation der flotten jungen Macher à la Döpfner, Weimer und Diekmann an ihm vorbei. So wollte Schmalz dann doch lieber der erste im Bayernkurier-Dorf sein als der zweite (oder zweitletzte) im Berliner Springer-Hochhaus.

Jetzt muß er mit dem CSU-Chef und Ministerpräsidenten Edmund Stoiber zurechtkommen, von dem es heißt, er sei kein sehr umgänglicher Vorgesetzter. Zudem fällt auf, daß Stoiber in seinen Reden zwar mit Vorliebe Blätter wie Zeit, Süddeutsche oder Spiegel zitiert. Daß er jemals seinen eigenen Bayernkurier zitiert hätte, ist hingegen nicht bekannt. So bestätigt die Berufung Schmalz einerseits das Elend des nicht-linken Journalismus und andererseits das publizistische Elend der nicht-linken Parteien in Deutschland. Trotzdem sollte man dem neuen Bayernkurier Glück wünschen. Er und die CSU werden es brauchen können.


 
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