© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    12/01 16. März 2001

 
Rechtsunsicher
EU: Niederlande sind gegen Patent-Richtlinie
Andreas Wisuschil

Die niederländische Regierung fordert gegenwärtig vom Europäischen Gerichtshof in Luxemburg, die Richtlinie 98/44/EG für nichtig zu erklären. Diese Richtline regelt die Patentierung biotechnischer Erfindungen. Im Jahre 1998 wurde das Regelwerk nach mehrjähriger Diskussion gegen die Stimme der Niederländer erlassen. Nach der Argumentation der Niederlande verletze die Richtlinie die Würde des Menschen, weil sie die Patentierung isolierter Teile des Körpers eines Menschen ermögliche.

Problematisch ist, daß die Patentierung menschlichen Lebens zwar in dem gesamten Gebiet der Europäischen Union verboten ist, die einzelnen Mitgliedstaaten aber darüber entscheiden, wie der Tatbestand "des Menschen" definiert wird. Je nach Land wird unter "Mensch" verstanden die befruchtete Eizelle, der Embryo oder das Leben ab dem Zeitpunkt der Geburt. Wohl aus diesem Grund einer latenten Rechtsunsicherheit haben erst vier von fünfzehn Staaten der EU die Richtlinie in nationales Recht transformiert, obwohl die Frist hierfür bereits im Juli 2000 abgelaufen ist.

Zu bedenken ist hierbei jedoch, daß das Maß an Rechtsunsicherheit ohne die Richtlinie noch um ein Vielfaches größer wäre. Ohne eine Harmonisierung der Rechtslage bliebe nicht nur die unterschiedliche Definition des Mensch-Seins, sondern darüber hinaus anderweitige Abweichungen der unterschiedlichen Patentrechte bestehen. In diesem Fall scheint eine Vereinheitlichung des Rechts geboten, um Unsicherheiten aus der Welt zu schaffen.

In diesem Sinne gilt zu hoffen, daß der Europäische Gerichtshof den Antrag der niederländischen Regierung abweist und die elf fehlenden Mitgliedstaaten ihren Gesetzgebungsverzug endlich beenden.


 
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